Gesine Schwan warnt vor Parallelgesellschaften

Berlin (epd). Die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan, hat vor Parallelgesellschaften in Deutschland gewarnt. Abgeschottete Gesellschaften beförderten die Vorurteilsbereitschaft, sagte Schwan am Donnerstag in Berlin zum Abschluss der ersten Gesamtkonferenz der evangelischen Auslandspfarrer. Im Dialog der Kulturen komme es darauf an, sich seiner eigenen Substanz bewusst zu werden, um sich anderen öffnen zu können.

Zuwanderer in Deutschland müssten Selbstbewusstsein und ihre eigene Identität entwickeln, um sich auf dieser Basis integrieren zu können, sagte Schwan, die noch bis September Präsidentin der Hochschule Viadrina in Frankfurt/Oder ist. Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass jeder Mensch mit Brüchen und dem Spannungsverhältnis zwischen unterschiedlichen Werten zurechtkommen müsse, die ihm im Laufe seines Lebens vermittelt würden. Davon profitiere aber, wer sich seiner sicher sei und zugleich anderen öffnen könne.

Schwan äußerte sich vor den Auslandspfarrern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Rahmen einer Diskussion über das Zusammenleben verschiedener Kulturen. Religionen hätten das Potenzial, interkulturelle Konflikte zu verschärfen oder abzumildern, sagte Schwan. Wenn sie fundamentalistisch verstanden und ausgeübt würden, verschärfe dies die Konflikte. Das hänge aber nicht von der Religion selbst ab, sondern vom Umgang mit ihr.

EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte erklärte, die Kirchen müssten verhindern, dass sich Menschen aus Angst vor undurchschaubaren gesellschaftlichen Verhältnissen die Religion als einen sicheren Ort und ein geschlossenes System missverstünden. Vielmehr müssten die Kirchen im internationalen Dialog dafür sorgen, dass jede Kultur ihre Wahrheit vermitteln könne und Vertrauen wachse.

Für die EKD sind rund 100 Auslandspfarrer in deutschen Gemeinden in 70 Ländern tätig. Sie sind für ausgewanderte Deutsche ebenso zuständig wie für kurzfristig im Ausland arbeitende Menschen, etwa Entwicklungshelfer, Diplomaten oder Fachleute großer Firmen. Viele deutsche Gemeinden im Ausland betreiben Schulen oder eigene Kindergärten und engagieren sich in der Entwicklungshilfe. Als zeitweilige Auslandspfarrer werden außerdem 30 bis 40 Geistliche während der Urlaubssaison in Tourismusregionen eingesetzt. Die Auslandspfarrer trafen sich erstmals zu einem mehrtägigen Erfahrungsaustausch in Berlin.

03. Juli 2008