Pastorin: Pilgerboom ist moderne Suchbewegung

Hannover (epd). Die zunehmende Beliebtheit des Pilgerns ist Theologen zufolge Ausdruck einer modernen Suchbewegung. "Die meisten von ihnen suchen eine neue Perspektive nach biografischen Umbrüchen wie dem Eintritt in den Ruhestand, einer Trennung oder einem beruflichen Neuanfang", sagte Deutschlands einzige hauptamtliche Pilger-Pastorin, Maike Selmayr, am Montag dem epd.

Die Pilger wünschten sich Orientierung in ihrem Leben und wollten eine im weiteren Sinn religiöse Erfahrung machen, erläuterte Selmayr: "Es ist eine Sinnsuche in neuen Lebenssituationen." Dazu müsse man heraus aus dem Gewohnten. Zu den Aufgaben der Pastorin gehört es, Gruppen zu begleiten. Viele empfänden die Bewegung, Stille und Impulse wie Lieder oder Gebete als hilfreich, sagte sie. "Besonders wichtig ist es, ihnen den Pilgersegen zuzusprechen." Das unterscheide für viele den Weg von Beginn an von einer Wanderung.

Selmayr betreut im niedersächsischen Kloster Loccum Wanderer, die von dort bis zum rund 300 Kilometer entfernten Volkenroda in Thüringen pilgern. Rund 3.000 Menschen sind den Weg von Loccum nach Volkenroda nach Schätzungen der hannoverschen Landeskirche im vergangenen Jahr gegangen. Etwa jeder Dritte habe die gesamte Strecke zurückgelegt, sagte Selmayr. Es gebe steigenden Zulauf auf dem 2005 eröffneten Weg. Zu 70 Prozent bestünden die Pilgergruppen aus Menschen, die sonst keinen Kontakt zur Kirche haben.

Die Pastorin warnt allerdings vor übersteigerten Erwartungen: "Glaubenserfahrungen sind immer subjektiv und lassen sich nicht erzwingen." Der eine erlebe herrliches Wetter, blühende Gärten und habe keine Blasen an den Füßen, der andere habe auf dem Weg nur Regen und wunde Füße. Sie fordere die Menschen dann dazu auf, Gott in allen Lebenslagen als Begleiter zu entdecken.

04. August 2008

Pilgerweg Loccum – Volkenroda