Bischof Huber wirbt für Debatte über deutsche Sicherheitspolitik

Konferenz von Militärseelsorgern der Ostseeländer

Stralsund (epd). Angesichts der Auslandseinsätze der Bundeswehr hat Bischof Wolfgang Huber für eine intensivere Debatte über Sicherheitspolitik geworben. Deutsche Sicherheitspolitik könne nicht mehr isoliert gesehen werden, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Freitagabend in Stralsund. Vielmehr sei sie eingebunden in den internationalen Rahmen der Vereinten Nationen, in NATO und EU.

Derartige Diskussionen würden auch innerhalb der Bundeswehr zu wenig geführt, sagte Huber. Dabei gehe es zentral um deren Selbstverständnis als "Armee im Einsatz", die Rechtssicherheit von Soldaten sowie deren politischen Rückhalt bei Auslandseinsätzen. Vor Militärseelsorgern aus den Ostseeanrainer-Staaten äußerte sich der Bischof in Stralsund zur friedensethischen Position der evangelischen Kirche.

Gerade der Konflikt um Südossetien in den vergangenen Tagen habe klar gemacht, dass die Gefährdung des Friedens nicht der Vergangenheit angehöre, sagte Huber. Die Auseinandersetzung zwischen Russland und Georgien sowie das Eintreten der USA für Georgien hätten zudem verdeutlicht, dass es nach dem Ende des Ost-West-Konflikts weiter Machtkonflikte zwischen Großmächten gebe.

Der evangelische Militärbischof Peter Krug rief die Kirche dazu auf, deutlicher auf die Gefahr einer "Vermischung von friedensethischen Zielen, wirtschaftlichen Interessen und politischer Bündnistreue" hinzuweisen. Es könne nicht Aufgabe des einzelnen Soldaten oder Seelsorgers sein, Beschwerde über politische Beschwernisse zu führen, sagte er in seiner Predigt. Vielmehr sei es sei Aufgabe der Kirchenleitung, mit der militärischen und der politischen Führung im Gespräch zu bleiben "über das Wohl und Wehe der Menschen, die für ihr Vaterland das eigene Leben zu riskieren bereit sind", ergänzte der Militärbischof.

Seelsorger schuldeten den Soldaten "Zuverlässigkeit in unserer Fürsprache und Mitsorge um Seele und Leib, um Person und Familie", sagte der Oldenburger Bischof. Dabei habe sich in der deutschen Seelsorge das Prinzip einer "kritischen Solidarität" entwickelt und bewährt. Nach Ansicht des Militärbischofs beinhalte dies "Zuwendung zum einzelnen Menschen und kritisch konstruktive Begleitung der Bundeswehr insgesamt".

Huber bekräftigte die Skepsis der EKD gegenüber einer Ausweitung von Auslandseinsätzen. Es fehle an einem Gesamtkonzept der Friedens- und Sicherheitspolitik, in dem militärische Gewalt und Militäraktionen nur ein Teil seien. Ein Festhalten an der Wehrpflicht muss nach Ansicht des EKD-Repräsentanten neu begründet werden. Für deren gesellschaftliche Akzeptanz seien Wehrgerechtigkeit und die Gestaltung des Wehrdienstes von besonderer Bedeutung.

An der Tagung, die bis Sonntag dauert, nehmen Militärgeistliche aus Deutschland, Skandinavien, den baltischen Staaten, Polen und Russland teil. Themen sind die Begleitung der Soldaten während Auslandseinsätzen und die Zusammenarbeit der Seelsorge.

15. August 2008

Grußwort des EKD-Ratsvorsitzenden im Wortlaut