Bugenhagen: Der Reformator Norddeutschlands

Kirche würdigt Luthers Mitstreiter Johannes Bugenhagen zum 450. Todestag

Greifswald (epd). Seit der Schwärmerei des 19. Jahrhunderts für Luther galt er lange nur als dessen "minder bedeutender Gehülfe". Dabei ist den Kirchenhistorikern heute durchaus klar, welch große Bedeutung Luthers Mitstreiter Johannes Bugenhagen bei der Durchsetzung der Reformation zukam. Bugenhagen, so meint etwa der Greifswalder Wissenschaftler Volker Gummelt, habe ihr "eine Prägung vorgegeben, die bis heute andauert". An den vor 450 Jahren gestorbenen Bugenhagen erinnert am Sonntag auch die Europäische Kirchenleiterkonsultation des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Greifswald mit einem Festgottesdienst.

1485 im pommerschen Wollin geboren, hat Bugenhagen sich besonders um die Einführung der Reformation in Norddeutschland verdient gemacht. So verfasste er neue Kirchenordnungen unter anderem für Pommern, Braunschweig, Hamburg und Dänemark. 1523 wurde er erster evangelischer Stadtpfarrer in Wittenberg, wo er am 20. April 1558 auch starb. Zu seinem 450. Todestag würdigt die Pommersche Evangelische Kirche ihren Reformator mit einem Gedenkjahr.

Vom "trockenen" Begriff "Kirchenordnung" dürfe man sich nicht täuschen lassen, gibt Gummelt zu bedenken. Damit sei weit mehr als nur der Gottesdienst geregelt worden. Gerade Bugenhagen, der in seiner Frühzeit den Gemeinden viel Mitspracherechte einräumte, lag etwa daran, auch dem Schul- und Sozialwesen eine neue Struktur zu geben. Als weiteres Beispiel verweist der Historiker auf die für alle verpflichtende Sozialabgabe des "Gemeinen Kastens", die die Armenversorgung verbesserte. "Verantwortung der Gemeinschaft für soziale Fragen - das steckt da alles drin", so der Wissenschaftler.

Bugenhagen sei "nicht der Denker wie Luther" gewesen. Das habe er aber auch nicht sein wollen, "dafür war er näher an den Menschen". So sei der Reformator bei seinen Aufenthalten in Hamburg, Lübeck oder Braunschweig immer lange vor Ort gewesen, um die dortigen Gegebenheiten kennenzulernen. Er sei nicht mit fertigen Konzepten gekommen, sondern habe seine Ordnungen individuell angepasst, "deshalb wurden sie auch akzeptiert", ist Gummelt überzeugt.

Dazu gehörte zudem, dass alle norddeutschen Kirchenordnungen nicht etwa in der Fremdsprache Latein wie in der katholischen Kirche, sondern auf Niederdeutsch verfasst wurden, so dass jedes Gemeindemitglied sie verstehen konnte. Doch Bugenhagens erfolgreiches Wirken außerhalb Wittenbergs, von dem selbst die Reformation in Südwestdeutschland und der Schweiz profitierte, hatte für die Elbestadt allerdings auch Schattenseiten. Schließlich war Bugenhagen dort Stadtpfarrer und musste während seiner oft langen Abwesenheit von Martin Luther vertreten werden.

Doch es gab auch einen Vorteil: "Nur deshalb sind uns doch so viele Predigten von Luther überliefert", sagt Gummelt mit einem Lächeln und verweist auf die innige Freundschaft der beiden Reformatoren, die seiner Ansicht nach "etwas Besonderes" war. Bugenhagen sei sogar Luthers Seelsorger gewesen, seine "schlichte Glaubensart" habe diesen in schweren Stunden oft aufgerichtet. "Das war sein stiller Beitrag für die Reformation."

12. September 2008