Unions-Justiziar Gröhe wird neuer Staatsminister im Kanzleramt

Rheinischer Protestant mit Leitungserfahrung in evangelischer Kirche

Von Jutta Wagemann (epd)

Berlin (epd). Wenn er einmal eine Woche lang etwas anderes tun dürfte, "dann wäre ich an einem schönen Ort in dieser Welt Auslandspfarrer der dortigen deutschen Bewohner", verrät der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe. Der Wunsch ist das eine, die Wirklichkeit sieht anders aus: Der 47-jährige wird Staatsminister im Kanzleramt.

Am Montag gab Regierungssprecher Ulrich Wilhelm Gröhes Berufung bekannt. Er folgt auf die Merkel-Vertraute Hildegard Müller, die am 1. Oktober zum Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft wechselt. Gröhe besetzt künftig die Schnittstelle zwischen dem Kanzleramt in Berlin und den Bundesländern sowie zwischen der Regierung und den Fraktionen.

Der Jurist macht damit einen großen Schritt in seiner langen politischen Karriere. Schon als Gymnasiast wurde er Mitglied der Schüler Union und der Jungen Union, 1989 bis 1994 führte er die Junge Union auf Bundesebene an. Nach der Wahl in den Bundestag wurde er Sprecher der Jungen Gruppe in der CDU/CSU-Fraktion. Von 1998 bis 2005 war Gröhe menschenrechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Oft wird der Rheinländer dem linken Flügel seiner Partei zugerechnet, die schwarz-grüne Koalition in Hamburg hat er ausdrücklich begrüßt. Für den Bund äußert Gröhe aber klar den Wunsch nach einer bürgerlichen Mehrheit mit den Liberalen nach den nächsten Bundestagswahlen. Auch Gröhes Privatleben ist konservativ gestrickt: Seine Frau kümmert sich im heimischen Neuss um den Haushalt und die vier Kinder, während der 47-jährige künftig einen noch größeren Teil seiner Arbeitswoche in Berlin verbringen wird. Ob er dann noch Zeit hat, wie noch in diesem Sommer mehrere Tage lang das größte rheinische Schützenfest zu besuchen, ist fraglich.

Gröhe gehörte bislang nicht zum engsten Kreis um Angela Merkel. Mit seinem Eintreten für Menschenrechte dürfte er aber mit seiner Chefin auf einer Linie liegen: "Das ist ein Thema, das die Kanzlerin umtreibt", weiß er. Nicht zuletzt gehören Gröhe und Merkel der gleichen Konfession an: Beide sind aktive Protestanten. Während Vorgängerin Hildegard Müller als "Einzelpersönlichkeit" dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken angehört, ist Gröhe seit 1997 Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Zumindest für die im November 2009 endende Wahlperiode will er weiter auf der Leitungsebene der deutschen Protestanten mitwirken.

"Der christliche Glaube gibt mir persönliche Orientierung und hat auch mit meinem Engagement für eine gerechte Welt zu tun", erzählt der Neusser auf seiner Homepage. Insofern habe sein Glaube auch eine politische Dimension. Es ist ihm ein Anliegen, aus dem Glauben heraus zu gesellschaftlichen Fragen Stellung zu nehmen. Regelmäßig erscheinen Beiträge Gröhes im evangelischen Magazin "chrismon", zu dessen Herausgebern er zählt. Jüngst war dort von ihm zu lesen: "Jesu Leben und Lehre geben gute Regeln für das ganze pralle Leben bis heute. Wie auch seine Botschaft: Unser Wert hängt nicht davon ab, dass sich Erfolg an Erfolg reiht. So schön es auch ist, Erfolg zu haben."

22. September 2008

EKD-Ratsmitglied Hermann Gröhe


Gröhe teilt mit der Kanzlerin das Engagement für Menschenrechte

Staatsminister wird zweiter "Allrounder" neben Amtschef de Maizière

Berlin (epd). Der künftige Staatsminister im Bundeskanzleramt, Hermann Gröhe (CDU), will sich auch in der Berliner Regierungszentrale für Menschenrechte stark machen. "Das ist ein Thema, das Frau Merkel und mich verbindet", sagte Gröhe in einem epd-Gespräch. Der Christdemokrat, der dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört, war von 1998 bis 2005 Sprecher seiner Fraktion in Menschenrechtsfragen und seit 2005 ihr Justiziar.

Gröhes Kernaufgabe im Kanzleramt ist allerdings die Koordinierung zwischen Bund und Ländern sowie zwischen Regierung und Fraktionen. Darüber hinaus werde er Termine in Vertretung der Kanzlerin wahrnehmen, sagte der 47-jährige Christdemokrat. Er ist damit der zweite "Allrounder" im Team neben Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU). Die weiteren Staatsminister im Kanzleramt haben definierte Aufgabenfelder: Bernd Neumann ist zuständig für Kultur und Maria Böhmer (beide CDU) Integrationsbeauftragte.

Gröhe widersprach Medienberichten, dass sich in den Unionsparteien das Gewicht zugunsten der Protestanten verschiebe, wenn er als dritter aktiver Protestant in die Spitze des Kanzleramts rückt. Merkel stammt aus einem evangelischen Pfarrhaus, Amtschef de Maizière gehört der Synode der evangelischen Landeskirche Sachsens an.

Gröhe verwies darauf, dass alle vier Vize-Vorsitzenden der CDU katholisch seien: die Ministerpräsidenten Roland Koch, Jürgen Rüttgers und Christian Wulff ebenso wie Bildungsministerin Annette Schavan. Schavan gehört wie Gröhes Vorgängerin Hildegard Müller dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZDK) an.

Im Rat der EKD will Gröhe mindestens für die bis November 2009 laufende Wahlperiode mitarbeiten. Auf jeden Fall strebe er an, künftig der Synode - dem Kirchenparlament - der EKD weiter anzugehören. Durch die regelmäßigen Gespräche, die die Leitungsebene der EKD mit der Deutschen Bischofskonferenz führt, habe er "sehr gute, bisweilen freundschaftliche Kontakte auch in die Reihen der Deutschen Bischofskonferenz". Diese Kontakte wolle er auch im Kanzleramt weiter pflegen.

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2009 spricht sich Gröhe für eine bürgerliche Mehrheit mit der FDP aus. Mit den Liberalen gebe es die größten Schnittmengen bei Kernfragen wie der Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft. Allerdings gebe es auch Differenzen etwa in der Forschungspolitik um die Frage der Nutzung embryonaler Stammzellen. Hier habe die CDU eine größere Nähe zu den Grünen, sagte Gröhe. Trotz der schwarz-grünen Koalition in Hamburg sei das Zielmodell für den Bund aber eine schwarz-gelbe Regierung.

Skeptisch äußerte sich Gröhe über eine mögliche Fortsetzung der großen Koalition mit der SPD. Dies müsse, wenn es rechnerisch eben gehe, vermieden werden. Die CDU habe zur Kenntnis genommen, dass die Sozialdemokraten deutlich nach links gerückt seien. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt sei ihm näher als der linke Sozialdemokrat Ottmar Schreiner, SPD-Finanzminister Peer Steinbrück allerdings näher als der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele.

22. September 2008

Homepage von Hermann Gröhe