Weltkirchenrat warnt vor Gier nach Profit

Genf (epd). Angesichts der weltweiten Finanzkrise hat ein Vertreter des Weltkirchenrats die Bank-Manager aufgefordert, bei ihren Entscheidungen das Gemeinwohl zu berücksichtigen. "Die Finanzkrise zeigt, dass ein zügelloser Egoismus und eine schrankenlose Gier nach Profit ins Verderben führen kann", sagte der Programmdirektor des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Martin Robra, am Freitag dem epd in Genf.

Der ÖRK repräsentiert 560 Millionen Christen weltweit. Die Manager hätten eine ethische Verantwortung, weil ihre Entscheidungen das Wohlergehen von Millionen Menschen beeinflussten. "In bestimmten Fällen hängt Leben und Tod vieler Menschen von den Entscheidungen ab", betonte Robra. Er betonte, dass Kirchen das Recht zur Kritik an der Wirtschaftsordnung und ihren Verantwortlichen hätten. Er forderte: "Die Exzesse des neoliberalen Kapitalismus müssen begrenzt werden." Die Staaten hätten jetzt die Aufgabe, den Banken und Finanzinstituten stärker auf die Finger zu schauen und klare Regeln aufzustellen.

Robra ist Pastor der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er trat 1994 in die Dienste des ÖRK ein. Der Programmdirektor sagte, dass der ÖRK die Expansion der Finanzmärkte seit den 70er Jahren skeptisch beobachtet habe. Doch jahrelang sei die Kritik an der immer größer werdenden Macht der Banken und Versicherungen auf taube Ohren gestoßen. "Jetzt zeigt sich: Leider waren diese Warnungen berechtigt", erklärte Robra. Der ÖRK-Offizielle sagte, der Weltkirchenrat selbst sei von der Finanzkrise nicht direkt betroffen. Der Kirchenbund habe seine Rücklagen sehr konservativ angelegt. Allerdings gebe es Stimmen, die vor den Auswirkungen der Finanzkrise in den 349 Mitgliedskirchen warnten.

"Amerikanische Mitglieder des Exekutivausschusses äußerten sich besorgt über wahrscheinlich gravierende Mindereinnahmen ihrer Kirchen wegen der Finanzkrise", so Robra. Der Programmdirektor unterstrich, dass die finanzielle Lage des ÖRK zur Zeit zufriedenstellend sei. Das Budget des Kirchenbundes sei ausgeglichen. Robra sagte auch, dass kleinere ÖRK-Mitgliedskirchen aus südlichen Ländern eine bessere Zahlungsmoral zeigten als noch vor Jahren. Mögliche Sanktionen wie der vorübergehende Entzug des Stimmrechts für säumige Kirchen, zeigten Wirkung. "Allerdings darf man nicht vergessen, dass viele unserer Mitgliedskirchen aus Entwicklungsländern finanziell nicht sehr stark sind", so Robra.

10. Oktober 2008