Kirchen: Marktwirtschaft muss auch sozial sein

Bischof July mahnt zum Umdenken

Katholische Laien gegen "grenzenlosen Egoismus"

Frankfurt a.M. (epd). Vor dem Hintergrund der Finanzkrise haben Kirchenvertreter die Wirtschaft erneut zu mehr Verantwortung aufgerufen. Man dürfe den Markt nicht denen überlassen, die ausschließlich ihren eigenen Nutzen darin sehen, sagte der evangelische württembergische Landesbischof Frank Otfried July am Freitag. Der Geistliche Vizepräsident des Landeskirchenamtes Hannover, Arend de Vries, mahnte, schneller Profit dürfe nicht alleiniges Wirtschaftsziel sein. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) fordert von der Bundesregierung, sich für eine neue Finanzmarktordnung einzusetzen.

Landesbischof July sagte in einer Video-Botschaft, im wirtschaftlichen Handeln müssten Gemeinwohl und Eigennutz zusammengehören. Bei diesem Umdenken seien alle gefragt. July bezeichnete die deutschen Entwicklungshilfe-Ausgaben als verschwindend gering angesichts des Banken-Rettungspaketes von 500 Milliarden Euro. Die Menschen, die weltweit in Folge der Finanzkrise in Not geraten sind, dürften nicht vergessen werden.

Der schnelle Profit dürfe nicht das alleinige Ziel sein, schreibt Vizepräsident de Vries in der in Hannover erscheinenden "Evangelischen Zeitung". Vertrauen könne nur dann entstehen, wenn Verantwortung für unsere Zukunft und das Ziel einer gerechten Welt das Handeln der Finanzmanager leite. Er halte die meisten Finanzmanager persönlich für sehr integer, schreibt de Vries. Allerdings sei die Versuchung sehr groß, "um des schnellen Gewinns und der Börsennotierung willen eigene ethische Grundsätze zu verlassen".

Es sei nicht hinzunehmen, argumentierte der Theologe, dass Arbeiter in den Entwicklungsländern, Rentnerinnen in den USA und Beschäftigte am Fließband die Folgen der Finanzkrise tragen müssten, während Manager, die versagt hätten, noch abgefunden würden. Man könne nur ungläubig staunen über die Erwartung von Wirtschaftspolitikern, dass der Staat und damit die Steuerzahler die Folgen des Fiaskos tragen.

"Was wir brauchen sind internationale Regeln, die grenzenlosem Egoismus entgegentreten und das Gemeinwohl stärken", sagte ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer. Ausdrücklich begrüßte er die Absicht der Bundesregierung zu einer strikten Anwendung der Managerhaftung, die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde und die Verpflichtung der Banken auf eine solide Geschäftspolitik.

Der Repräsentant der katholischen Laienorganisation ergänzte: "Gerechtigkeit braucht Regeln." Konkret gefragt seien bessere Überschaubarkeit der internationalen Finanzströme durch mehr Publizitätspflichten sowie ein Ausbau der Finanzaufsicht.

17. Oktober 2008

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