Menschenrechtsausschuss: Irakische Flüchtlinge schnell aufnehmen

Berlin (epd). Der Menschenrechtsausschuss des Bundestages hat die Regierung aufgefordert, noch vor einer europäischen Einigung irakische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. In einer Resolution, die am Freitag in Berlin veröffentlicht wurde, fordert der Ausschuss eine "Entscheidung über die sofortige Aufnahme irakischer Flüchtlinge" auf der nächsten Länder-Innenministerkonferenz am 20. und 21. November.

Der Bund müsse mit den Ländern rasch über eine deutsche Kontingentlösung verhandeln, die insbesondere irakische Christen und andere religiöse Minderheiten berücksichtige, verlangten die Vertreter der Koalition und der Grünen im Ausschuss. FDP und Linksfraktion schlossen sich der Resolution nicht an.

Die Situation der aus dem Irak geflohenen Christen und anderer religiöser Minderheiten in Syrien, Jordanien und der Türkei sei "besonders dramatisch" und verschlechtere sich weiter, heißt es in der Erklärung. Systematische Angriffe gegen Christen im bisher vergleichsweise sicheren Nordirak zeigten, dass die Flüchtlinge auf absehbare Zeit nicht in den Irak zurückkehren könnten.

Eine Entscheidung auf europäischer Ebene war wiederholt verschoben worden. Zuletzt hatten die EU-Innenminister im September beschlossen, zunächst eine Delegation der EU-Kommission nach Syrien und Jordanien zu entsenden, wo die meisten irakischen Flüchtlinge leben. Ende November wollen die EU-Innen- und Justizminister erneut beraten.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die Aufnahme von 10.000 irakischen Flüchtlingen in Europa angekündigt. In Syrien und Jordanien leben rund zwei Millionen irakische Flüchtlinge. Ungefähr 800.000 davon gehören religiösen Minderheiten an. Nach Einschätzung der Evangelischen Kirche in Deutschland können sie aufgrund der schlechten Menschenrechtslage im Irak nicht in ihre Heimat zurückkehren. Beide Kirchen haben die Politik immer wieder gedrängt, irakische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Dagegen hatten unter anderem die Bundesländer Bedenken angemeldet.

17. Oktober 2008


Pressemitteilung des Deutschen Bundestages vom 17. Oktober 2008:

Resolution des Menschenrechtsausschusses:

Aufnahme irakischer Flüchtlinge in Deutschland

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat sich in seiner Sitzung am 15. Oktober 2008 mit der Aufnahme irakischer Flüchtlinge in den Nachbarstaaten des Irak befasst und anschließend die folgende Erklärung mehrheitlich beschlossen:

„Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist zutiefst besorgt über die sich stetig verschlechternde Lage der irakischen Flüchtlinge in den Nachbarländern Syrien, Jordanien und in der Türkei.

Besonders dramatisch ist die Situation der irakischen Christen und anderer religiöser Minderheiten. Die jüngsten systematischen Angriffe gegen Christen im bislang vergleichsweise sicheren Nordirak belegen, dass Christen, die in den Nachbarländern Schutz gefunden haben, auf absehbare Zeit nicht in den Irak zurückkehren können.

Am 27./28. November 2008 sollen bei der Tagung des EU-Ministerrats Justiz und Inneres die Ergebnisse der Fact-Finding-Mission in die Region beraten werden. Die Koalition und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe fordern die Bundesregierung auf, sich noch vor diesem Termin für eine deutsche Kontingentlösung für schutzbedürftige irakische Flüchtlinge einzusetzen und dabei insbesondere Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten zu berücksichtigen.

Die Koalition und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe fordern außerdem, rasch Gespräche mit den Ländern aufzunehmen, damit anlässlich der Innenministerkonferenz am 20./21. November 2008 eine Entscheidung über die sofortige Aufnahme irakischer Flüchtlinge in Deutschland herbeigeführt werden kann.“