Kirchbautag sucht nach neuen Nutzungskonzepten

Dortmund (epd). Die künftige Nutzung von Kirchengebäuden, die wegen Mitgliederrückgang und sinkender Finanzen nicht mehr benötigt werden, steht im Mittelpunkt des Evangelischen Kirchbautages, der am Donnerstag in Dortmund beginnt. Bei dem viertägigen Kongress unter dem Titel "Transformationen. Übergänge - gestalten" sollen neue Ideen und Konzepte entwickelt werden, wie die Veranstalter ankündigten. Rund 400 Teilnehmer werden zu Vorträgen von Experten für Architektur, Soziologie, Theologie und Kultur erwartet.

Die evangelische Kirche besitzt bundesweit etwa 75.000 Gebäude, darunter knapp 27.000 Kirchen, Kapellen und Gemeindezentren mit Gottesdienstraum. Ein Drittel der kirchlichen Gebäude steht unter Denkmalschutz. Auf lokaler und regionaler Ebene werden in beiden großen Kirchen schon seit längerem alternative Nutzungen für Kirchengebäude erörtert, die nach Gemeindefusionen oder durch Mitgliederrückgang zur Disposition stehen.

Neben der Schließung und dem Verkauf sind auch erweitere Nutzungsformen im Gespräch. Betroffen sind vor allem die Ballungsgebiete. So plant das Bistum Essen, mehr als 90 Kirchen zu schließen. Von derzeit 56 evangelischen Kirchen in Frankfurt am Main könnten den Angaben zufolge in absehbarer Zeit zwischen 15 und 20 abgegeben werden.

Exemplarisch am Beispiel von fünf Dortmunder Kirchengemeinden soll es beim Kirchbautag darum gehen, wie etwa denkmalgeschützte Kirchen genutzt werden können oder wie Gemeinden mit einer wachsenden religiösen Vielfalt umgehen. Der Kirchbautag findet alle drei bis vier Jahre statt, zuletzt 2005 in Stuttgart.

20. Oktober 2008

Evangelischer Kirchbautag und Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart


Ideenschmiede für den Altarraum

Evangelischer Kirchbautag in Dortmund sucht nach Umnutzungskonzepten für Kirchen

Von Henning Engelage

Dortmund (epd). Die Kirche der Dorstfelder St. Elias-Gemeinde steht zwischen herbstlich gefärbten Ahorn-Bäumen im Dortmunder Westen. Gut in Schuss sei der 1905 errichtete Backsteinbau, sagt Gemeindepfarrer Klaus Nickel. "Und die Orgel: in einem kaum wiederzufindenden Zustand!" Doch der Sakralbau ist zu teuer. Eine Umnutzung oder gar ein Verkauf der Kirche sind nicht ausgeschlossen.

Der Umgang mit nicht mehr benötigten oder nicht mehr finanzierbaren Kirchengebäuden steht im Mittelpunkt des 26. Evangelischen Kirchbautages, der am Donnerstag in Dortmund beginnt. Die Dorstfelder Kirche ist eine von fünf Projektgemeinden der viertägigen Fachtagung. Dabei können die rund 400 erwarteten Teilnehmer mit Experten für Architektur, Soziologie und Theologie diskutieren, wie etwa denkmalgeschützte Kirchen genutzt werden können oder wie Gemeinden mit einer wachsenden religiösen Vielfalt umgehen.

Reinhard Miermeister hofft auf neue Konzepte und Ideen. "Es wird spannend sein, der Vielfalt nachzuspüren, was man alles machen kann", sagt der Landeskirchenbaudirektor der westfälischen Kirche. Das Geld ist knapp in den Kirchengemeinden. Deshalb müssten die Gemeinden auch eine "Mischnutzung" der Gebäude in Betracht ziehen, sagt Miermeister.

In Dorstfeld stehen am rechten Gang des Kirchenschiffs bereits einige Tische des Kirchcafés. Denn auch das angrenzende Gemeindehaus wird veräußert. Trotzdem ist das Heizen der Kirche zu teuer, die Pforten bleiben von Oktober bis Ostern zu. Der Gottesdienst wird dann woanders gefeiert. Schließlich gibt es zwei weitere denkmalgeschützte Kirchen in der Gemeinde. Der neugotische Backsteinbau ist die größte der drei und damit auch die teuerste bei den Betriebskosten.

Während die Gemeinden und damit auch die Kirchensteuerzahler immer weniger werden, die Energiekosten aber steigen, stehen viele der Gemeinden vor schweren Entscheidungen. Längst ist nicht mehr jede Kirche im Winter beheizt, und nicht in jedem Dorf kann die Renovierung der Kirche bezahlt werden.

In Bielefeld wurde die Martini-Kirche vor vier Jahren verkauft. Die Gemeinde konnte die jährlichen Unterhaltskosten von 12.000 Euro nicht mehr aufbringen. Der Gastronom Achim Fiolka investierte neben dem symbolischen Euro für die Gemeinde rund zwei Millionen Euro und ließ das Kirchenschiff zu einem Mix aus Bistro im Altarraum und Restaurant mit Loungebar auf der Empore umbauen. Das "Glückundseligkeit" ist nicht das einzige Beispiel für eine Umnutzung einer Kirche.

Die Petri-Kirche in Lübeck etwa wird schon seit den 80er Jahren für Empfänge vermietet. In Willingen im Sauerland wurde aus einem Gotteshaus die Kneipe "Don Camillo". Die Johanneskirche in Weil am Rhein beherbergt die Stadt-Bibliothek, und in die 200 Jahre alte Dorfkirche im brandenburgischen Millow ist eine Sparkasse eingezogen. Und in Bielefeld wurde die ehemalige evangelische Paul-Gerhardt Kirche zu einer Synagoge umgebaut.

Wenn Teilnehmer des Kirchbautags die Dorstfelder Kirche besuchen, werden sie bestimmt auch über solche Möglichkeiten diskutiert werden. Gemeindepfarrer Nickel möchte den Bau jedoch als Kirche erhalten. Er zweifelt das Sanierungskonzept der Gemeinde an.

"Mit den 160.000 Euro, mit denen die Immanuelkirche in Marten restauriert werden soll, könnten wir die Dorstfelder Kirche 20 Jahre lang betreiben", sagt Nickel. Dann müsste eben nur für eine andere Kirche ein Umnutzungskonzept gefunden werden.

20. Oktober 2008