Ausstellung: „Luther ganz privat“

In Halle sind erstmals die neuen Fundstücke aus dem Leben des Reformators zu sehen

Halle (epd). Immer wieder haben in den vergangenen Jahren Ausgrabungen an den Wohnorten des Reformators Martin Luther (1483-1546) für Aufsehen gesorgt. Ab dem diesjährigen Reformationstag am kommenden Freitag sind sie im Hallenser Landesmuseum für Vorgeschichte nun erstmals vereint auf 1.200 Quadratmetern zu besichtigen.

Neben archäologischen Funden von Luthers Elternhaus in Mansfeld und seinem Wittenberger Wohnhaus sind für die Sonderausstellung "Fundsache Luther" mit 620 Exponaten aber auch Leihgaben aus sieben Ländern zusammengetragen worden, darunter Kelche, Keramik und Schmuck aus der Zeit des Reformators. Sechs Wissenschaftler arbeiteten an der Zusammenstellung, die so nach Museumsangaben noch nie zu sehen war.

"Wir zeigen den Reformator als Mensch", erläutert Kurator Mirko Gutjahr und verweist auf die Einblicke, die die Ausstellung etwa in Luthers Speiseplan verrät. So steht nach den Fundstücken mittlerweile fest, dass Luther aus einer reicheren Familie stammte als dies lange angenommen wurde.

Schon der Reformator selbst, der seine theologische Karriere als einfacher Augustinermönch begann, hatte sich bescheiden gegeben. Möglicherweise tat er dies auch deshalb, weil es seine Kritik an Lehre und Lebenswandel der damaligen Päpste größere Glaubwürdigkeit verlieh. "Luther schrieb einst über seinen Vater, er sei ein armer Mann gewesen - doch damit dürfte er wohl stark untertrieben haben", ist sich Gutjahr sicher. So hätten die Grabungen am elterlichen Haus Luthers gezeigt, dass das Anwesen der Familie deutlich größer als angenommen war und zwei Gebäude umfasste.

Der in Eisleben geborene und gestorbene Martin Luther verbrachte die ersten 14 Jahre seines Lebens in dem rund 15 Kilometer entfernten Mansfeld. Luthers Vater Hans (1459-1530) arbeitete dort als Bergwerksbetreiber und Hüttenmeister.

Die Ausstellung zeigt auch Ungewöhnliches, etwa Speiseabfälle aus einer Abfallgrube des Mansfelder Anwesens. Sie belegen, dass Rinder, junge Schweine, Süß- und Salzwasserfische sowie Singvögel bei den Luthers regelmäßig auf den Tisch kamen. "Müll ist objektiv - eine arme Familie hätte sich dies alles nicht leisten können", erklärt Archäologe Gutjahr. Auch der Nachweis von Weinreben, Feigen sowie Pflaumen spreche für einen wohlhabenden Haushalt der Eltern Luthers.

Zu sehen sind zudem Teile eines rund 300 Silbermünzen umfassenden Schatzes, den Archäologen ebenfalls 2003 am Mansfelder Lutherhaus fanden. "Möglicherweise stammt das Geld aus dem Besitz eines der zwei Brüder Luthers, die 1505 an der Pest starben", sagt Gutjahr. Darauf deuteten auch verkohlte Kleidungsreste und eine Heiligenfigur in der Grube hin. Sämtliche von Pestkranken berührte Gegenstände zu verbrennen, sollte damals der Eindämmung der Krankheit dienen.

Aus Luthers Wohnhaus in Wittenberg können die Ausstellungsbesucher unter anderem Wandbrunnen und die zahlreichen Überreste eines Prunkofens des Reformators aus dem Jahr 1536 bestaunen. Auch 16 der weltweit 17 Luther zuweisbaren Becher sind erstmals gemeinsam zu sehen. Der spätere Reformator war vor genau 500 Jahren 1508 nach Wittenberg gezogen, um an der dortigen Universität zu lehren. An der Schlosskirche der Stadt soll er dann am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel und andere Missstände der damaligen Kirche angeschlagen haben.

Auch Luthers Grabplatte aus der Jenaer Stadtkirche St. Michael ist in Halle zu sehen. Der Schmalkaldische Krieg 1547 war dafür verantwortlich, dass das Epitaph nie an seinem Bestimmungsort, der letzten Ruhestätte Luthers in der Wittenberger Schlosskirche, ankam. In den Wirren der Nachkriegsjahre verblieb das 1548 in Erfurt gegossene Relief in Thüringen. Für die Ausstellung in Halle ging es nach mehr als 430 Jahren erstmals wieder auf Reisen.

Die Ausstellung "Fundsache Luther - Archäologen auf den Spuren des Reformators" ist im Hallenser Landesmuseum für Vorgeschichte vom 31. Oktober bis zum 26. April dienstags bis sonntags von 9 bis 19 Uhr zu sehen.

24. oktober 2008

Fundsache Luther – Archäologen auf den Spuren des Reformators