Keine Spekulation mit Spenden - Kirchliche Hilfswerke setzen bei Geldanlagen auf Sicherheit

Von Elvira Treffinger

Frankfurt a.M. (epd). Kirchliche Entwicklungsorganisationen beruhigen ihre Spender. "Kein Spenden-Euro ist durch die Finanzkrise verloren gegangen", teilt das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" auf Anfrage besorgten Bürgern mit. Und auch der katholische Deutsche Caritasverband unterstreicht: "Die Spender müssen keine Sorgen haben, dass von dem Geld, das sie überwiesen haben, etwas nicht ankommt." Wenn die Hilfswerke Geld anlegen, ist Sicherheit oberstes Gebot. Das schreiben die eigenen Richtlinien vor.

Entwicklungsorganisationen legen Geld an, um die Zeit zwischen Spendeneingang und Auszahlung zu überbrücken. Denn was als Spende eingeht, kann in der Regel nicht schon am nächsten Tag nach Afrika, Lateinamerika oder Asien geschickt werden. Zuvor ist eine sorgfältige Planung und Abstimmung mit den Partnerorganisationen in Übersee notwendig. "Wenn ein Projekt bewilligt wird, dann ist es meist auf mehrere Jahre angelegt, und der Zuschuss wird in mehreren Raten ausbezahlt", sagt Peter Liebe von "Brot für die Welt". "Das alles wird von unserer Controlling-Abteilung überwacht."

Ende 2007 hatte die evangelische Organisation Bauerngruppen, Genossenschaften und Kirchengemeinden in armen Ländern rund 90 Millionen Euro für Entwicklungsprojekte zugesagt und als Verbindlichkeiten bilanziert. Diese Summe wird treuhänderisch angelegt, bis sie nach und nach ausgezahlt werden. "Wir können die bewilligten Mittel nicht einfach in den Sparstrumpf stecken", sagt Liebe. "Wir müssen das Geld zinsbringend anlegen." Sonst würde am Ende die Inflation den Wert schmälern.

"Brot für die Welt" wählt fast ausschließlich festverzinsliche Wertpapiere aus dem Euro-Raum, die ethischen Kriterien entsprechen. So sind etwa Papiere von Rüstungsfirmen, Währungsspekulationen oder Anlagen in "Steueroasen" tabu. Im vergangenen Jahr betrugen die Zinseinnahmen von "Brot für die Welt" 5,5 Millionen Euro. In diesem Jahr werden es wegen der Finanzkrise weniger sein: "Zum 30. September mussten wir 900.000 Euro Zinseinnahmen abschreiben", sagt Liebe.

Das katholische Hilfswerk Misereor legt grundsätzlich kein Geld in Aktien oder Aktienfonds an, wie Geschäftsführer Thomas Antkowiak erläutert. Kurzfristige Anlagen seien wichtig, "damit wir stets liquide sind". Ethische Grundsätze würden weitestgehend berücksichtigt. Die katholische Organisation lehnt etwa auch Wertpapiere von Chemie- und Pharmafirmen ab, die die Anti-Baby-Pille herstellen.

Der Deutsche Caritasverband kann wegen der Finanzkrise schon erste Wertverluste abschätzen. "Bei einer Gesamtanlagensumme von 220 Millionen Euro sind durch die finanziellen Turbulenzen 1,4 Prozent von Ausfall bedroht", sagt Caritas-Sprecherin Claudia Beck. Bis zum Jahresende sei mit Abschreibungen zu rechnen. "Das lässt sich im Moment nicht beziffern." Zurzeit sind weniger als zehn Prozent in Aktienfonds angelegt, maximal dürfen es 15 Prozent sein. Zur Anlagestrategie sagt Beck: "Ziel ist Wertsteigerung, aber mit höchster Priorität auf Sicherheit."

Der Spenden-Experte Thomas Kreuzer rät wohltätigen Organisationen zu größtmöglicher Offenlegung, auch bei ihren Geldanlagen. "Die Transparenzpflicht ist ganz wichtig", sagt der Leiter der Frankfurter Fundraising Akademie. Er plädiert auch für eine Änderung des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts. Das schreibt bisher vor, dass eine zweckgebundene Spende spätestens im folgenden Jahr für den genannten Zweck eingesetzt werden muss. "Es wäre gut, wenn die Organisationen mehr freie Rücklagen bilden könnten, um in Krisenzeiten gerüstet zu sein", sagt Kreuzer.

31. Oktober 2008