Klimaschutz: Es geht auch um Glaubwürdigkeit

Kirchengemeinden engagieren sich für den Klimaschutz

Von Henning Engelage

Iserlohn (epd). Auf dem Dach des Gemeindehauses bedecken große silberne Platten die roten Dachpfannen. Der Kirchturm der Erlöserkirche spiegelt sich in den Solarzellen. Öko-Strom wird groß geschrieben im Kirchenkreis Iserlohn. Und wenn die Sonne scheint, freut sich Pfarrer Gottfried Abrath gleich doppelt. Der Kirchenkreis gehört damit zu den Vorzeigeprojekten des Umweltmanagementprojekts "Grüner Hahn" der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Seit 2001 baute der Kirchenkreis die Sonnenstromgewinnung immer weiter aus. Fünfzehn Photovoltaik-Anlagen wurden auf Kirchen und Gemeindehäusern installiert. "Wir können durchaus mit jedem Dach den Strom reinbringen, der in den Häusern gebraucht wird", sagt Abrath. Er ist auch Umweltbeauftragter des westfälischen Kirchenkreises mit der höchsten Dichte an Solarstromanlagen.

"Die Erfahrung ist, dass die Gemeinden, die mit der Photovoltaik anfingen, auch weitergemacht haben", sagt Abrath. Doch vor der Investition scheue sich manches Presbyterium noch. Dabei seien die Photovoltaik-Anlagen eine klimafreundliche Form der Geldanlage. Zwar müsse erst investiert werden. Doch rund 115.000 Euro hätten die Sonnenstrom-Anlagen schon erwirtschaftet und dabei 182 Tonnen Kohlendioxid eingespart. 20 Millionen Luftballons könnten mit dieser Menge CO2 befüllt werden.

In Lünen bei Dortmund versuchten die Kirchengemeinden, auf anderem Weg CO2 einzusparen. Noch immer unterstützt der Kirchenkreis im Hintergrund die Klage einer Bürgerinitiative gegen den Neubau eines geplanten Kohlekraftwerks. Doch nachdem die Überzeugungsarbeit bei Ratsleuten und Energiekonzernen nicht auf fruchtbarem Boden landete, hat Superintendent Jürgen Lembke ein wenig resigniert. "Solange nicht die große Politik und Aktionäre einschreiten, ist eine kleine Kirchengemeinde einfach machtlos", sagt der Theologe.

So konzentrieren sich die Gemeinden auf Klimaschutz in den eigenen Gebäuden. Ab Januar nehmen 15 Gemeinden am Projekt "Grüner Hahn" teil. Bereits 2003 hat die Westfälische Landeskirche das Projekt gestartet. Die beteiligten Gemeinden und Einrichtungen stellen mit dem Umweltmanagement den Wasser- und Energieverbrauch, die Entsorgung von Müll sowie Bauprojekte auf den Prüfstand.

Am Ende können sich die Teilnehmer des "Grünen Hahns" durch einen unabhängigen Gutachter nach der EU-Umweltordnung zertifizieren lassen und das Europäische Umweltsiegel tragen. Das Projekt wird vom Umweltreferat der westfälischen Kirche organisiert und vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert. "Unser eigenes Verhalten können wir beeinflussen", sagt Lembke.

Die landesweiten Erfolge des "Grünen Hahns" lassen sich bereits an Zahlen messen: In den Bereichen Wärmeenergie und Wasser konnten in den teilnehmenden Gemeinden durchschnittlich rund 17 Prozent Energie eingespart werden, beim Strom sind es rund 13 Prozent. Auch die Abfallmenge lasse sich durch den "Grünen Hahn" erheblich minimieren, heißt es im Projektbericht der westfälischen Landeskirche.

Im vergangenen Jahr wurde das Umweltprojekt bereits von der UN-Kulturorganisation UNESCO und mit dem Westfälischen Innovationspreis ausgezeichnet. Klimaschutz und damit auch Energieeffizienz sind ein wichtiges Thema auf der Landessynode der westfälischen Kirche, die derzeit in Bielefeld tagt. Das Kirchenparlament diskutiert dort intensiv über die Hauptvorlage "Globalisierung gestalten".

Nach Abraths Einschätzung geht es für die Kirchengemeinden vor allem um eines: Glaubwürdigkeit. Auch deshalb seien einige Iserlohner Gemeinden bereits in der Projekt-Phase des "Grünen Hahns" mit dabei gewesen. Fast nebenbei hat der Klimaschutz auch eine erfreuliche Nebenwirkung: Die Strom- und Heizkosten für Gemeindehäuser und Pfarrhäuser sinken.

Den Lünener Superintendenten Lembke freut die Begeisterung in seinen Gemeinden für den "Grünen Hahn": "Auf Dauer macht man sich doch Sorgen, ob die Pfarrer die Nebenkosten noch bezahlen können", sagt er. Gottfried Abrath macht sich darum nicht mehr so viele Gedanken. Er freut sich auf gutes Wetter.

11. November 2008