Berliner Kirchenparlament warnt vor Scheitern von "Pro Reli"

Bischof Huber will alle Protestanten anschreiben

SPD-Parteivize Nahles für festen Religionsunterricht

Berlin (epd). Innerhalb der evangelischen Kirche wachsen die Zweifel an den Erfolgschancen für das Berliner Volksbegehren "Pro Reli". Bei der Herbsttagung der Landessynode befürchteten am Freitag in der Bundeshauptstadt mehrere Kirchenparlamentarier ein Scheitern aufgrund mangelnden Engagements von Gemeinden. Die Initiative hatte im ersten der vier zur Verfügung stehenden Monate 35.000 von 170.000 benötigten Unterstützern gefunden.

Teilweise hätten Gemeindekirchenräte das Sammeln von Unterschriften für das Volksbegehren untersagt, in einer Ost-Berliner Gemeinde sei eine Religionslehrerin sogar aus der Kirche verwiesen worden, sagte die Synodale Anna-Katharina Seeber aus Köpenick. Auch im Westteil der Stadt sei momentan nicht zu erkennen, dass das Volksbegehren "ein Anliegen der Kirche ist", ergänzte Thorsten Schatz aus Spandau. Der Charlottenburger Synodale Ulrich Kressin befürchtete gar eine "ganz, ganz große Blamage".

Bischof Wolfgang Huber kündigte einen Brief an alle Berliner Protestanten an, um sie zur Beteiligung am Volksbegehren aufzurufen. Jeder könne durch seine Unterschrift "mit einer nicht sehr anstrengenden Tätigkeit zeigen, dass er zu dieser Kirche steht", begründete er den Vorstoß.

"Dies ist nicht die Stunde zu jammern", sagte Huber weiter. In vielen Fällen seien die Gemeinden sehr engagiert. Dennoch sei von Anfang an klar gewesen, dass die Kampagne kein Selbstläufer werde. In den kommenden zwei Monaten bleibe Zeit genug, genügend Unterschriften zu sammeln. Dabei müsse auch beachtet werden, dass "das Ergebnis uns als Kirche zugerechnet wird", sagte der Bischof.

Die Landeskirche habe immer betont, dass das Volksbegehren als Bürgerbewegung erfolgreich sein müsse und nicht als Angelegenheit kirchlicher Leitungsgremien betrachtet werden dürfe, sagte Konsistorialpräsident Ulrich Seelemann. Zugleich kündigte Huber eine intensive Öffentlichkeitskampagne mit 10.000 Plakaten für die zweite Phase des Volksbegehrens an und rief die Berliner SPD zum Umdenken auf, damit sich die Partei "nicht von der Linkspartei abhängig macht". Am Samstag wollen Bischof Huber und Synodenpräses Andreas Böer am Berliner Alexanderplatz Unterschriften zu sammeln.

Das Volksbegehren "Pro Reli" will eine Gleichstellung mit dem umstrittenen Ethikunterricht in einem Wahlpflichtbereich erreichen. Das Fach Ethik war 2006 vom rot-roten Senat eingeführt worden. Der Religionsunterricht wird an den Berliner Schulen aus historischen Gründen bislang nur auf freiwilliger Basis erteilt.

Noch vor Start der zweiten Stufe des Volksbegehrens hatte sich innerhalb der beiden großen Kirchen eine kritische Initiative "Aus christlicher Herkunft in eine gemeinsame Zukunft" formiert. Sie rief dazu auf, den gemeinsamen Ethikunterricht nicht zu gefährden, die eigenen Mitglieder fair über das Thema zu unterrichten und die "Bereitschaft zur Unterschrift für 'Pro Reli' gut zu überdenken".

Unterstützung bekam das Volksbegehren dagegen von der stellvertretenden SPD-Parteichefin Andrea Nahles. "Wahlfreiheit bedeutet auch, Raum zu schaffen für eine echte Wahl", sagte sie am Donnerstagabend.

14. November 2008