Schäuble: Medien können Vermittler bei Integration von Einwanderern sein

Berlin (epd). Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) befürchtet angesichts des wachsenden Konkurrenzdrucks zwischen den Medien eine zunehmend skandalträchtige und übertriebene Berichterstattung. Eine "übersteigerte Bedrohungswahrnehmung" sei etwa der Integration von Zuwanderern hinderlich, sagte Schäuble am Montag bei der dritten Berliner Medienrede laut Redemanuskript. Er rief dazu auf, neben den Problemen auch über Erfolge und die Normalität der Integration zu berichten. Medien könnten Vermittler zwischen Zuwanderern und der Aufnahmegesellschaft sein.

Politik und Medien eine das Ziel einer informierten demokratischen Öffentlichkeit, sagte Schäuble weiter: "Aber wir unterscheiden uns in unserem Handlungstempo." Der "Markt der Nachrichten" sei durch Konkurrenzdruck und das Internet "eher kurzatmiger" geworden. Die Politik sei hingegen bei Themen wie der Integration auf das Aushandeln von Kompromissen angewiesen. Vor allem aber "ändern sich gesellschaftliche Wirklichkeiten nicht auf Knopfdruck".

Der Minister sagte weiter, die These vom "Medienghetto", nach der Migranten häufig nur Medien aus der Heimat nutzten, lasse sich nicht belegen. Eine Studie der ARD/ZDF-Medienkommission zeige, dass alle Migrantengruppen von deutschen Medien gut erreicht würden. Allerdings erreichten öffentlich-rechtliche Sender Migranten weniger gut als kommerzielle.

Schäuble begrüßte die Zusammenarbeit von deutschen und ausländischen Verlagshäusern - etwa der "Bild"-Zeitung und Hürriyet -, um die Integration und das Zugehörigkeitsgefühl zu fördern. Auch Initiativen wie das "Forum am Freitag" des ZDF und das "Islamische Wort" des SWR seien wichtige Schritte auf dem Weg eines "Heimisch-Werdens" in Deutschland.

Ein besonders großes Potenzial für die Integration sieht Schäuble im Internet. Menschen mit Migrationshintergrund nutzten es offenbar sogar häufiger als die deutschstämmige Bevölkerung, sagte er. In zwei Wochen will der Minister eine neue Webseite zur deutschen Islam-Konferenz vorstellen, die informieren und den Nutzern ermöglichen soll, eigene Anliegen vorzutragen.

Schäuble sprach zum Auftakt der 9. Berliner Mediengespräche, deren Thema in diesem Jahr Migranten, Integration und Medien ist. Die Mediengespräche werden von der Evangelischen Akademie zu Berlin, der Evangelischen Kirche in Deutschland und dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik veranstaltet.

25. November 2008

Die Berliner Medienrede im Wortlaut


Wissenschaftler: Medien können Integration von Migranten fördern

Berlin (epd). Die Nutzung deutscher Medien kann nach Ansicht des Wissenschaftlers Erk Simon positiv zur Integration von Migranten beitragen. Um noch mehr Zuwanderer mit deutschen Medien zu erreichen, müssten aber nicht nur andere Themen gesetzt, sondern müsse auch über eine andere Gestaltung von Programmen nachgedacht werden, sagte Simon am Dienstag bei den 9. Berliner Mediengesprächen. Die Berliner Mediengespräche werden in Zusammenarbeit zwischen der Evangelischen Akademie zu Berlin, dem Medienbeauftragten der EKD und der Evangelischen Medienakademie veranstaltet.

Simon leitete für die Medienforschung des Westdeutschen Rundfunks (WDR) eine Studie zum Thema Migranten und Medien. Bei einer Umfrage des WDR hatten viele türkische Zuschauer gesagt, türkisches Fernsehen sei viel emotionaler als das deutsche. "Deutsches Fernsehen ist wie ein Kühlschrank", sei ein typisches Fazit türkischer Fernsehzuschauer, sagte Simon. Drei Viertel der Befragten sagten außerdem, sie wünschten sich mehr Hintergrundinformationen über die Türkei in deutschen Programmen, 72 Prozent empfanden das Türkeibild als zu negativ.

Die Redaktionsleiterin Kirche und Religion im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Friederike Sittler, machte auf die Schwierigkeit aufmerksam, mit dem Thema des muslimischen Lebens in Deutschland Quote zu machen. Deswegen dürfe man aber nicht davon abgehen, "unbequeme Themen" auch weiter zu besetzen. Zugleich machte Sittler beim Thema Religion eine "Veränderung der Großwetterlage" aus. Religion sei als Thema wieder "in", allerdings werde es häufig oberflächlich bearbeitet und etwa von Kirchen gesetzte Themen unkritisch übernommen.

Der Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Ralf Meister, hob die besondere Verantwortung der Medien bei Berichten über den Islam oder Integration hervor. Ein Problem dabei sei, dass Medien "konfliktorientiert" berichten müssten. Der "Bild"-Chefreporter Hans-Jörg Vehlewald bezeichnete es als schwierig, klischeefrei zu berichten. Jeder stecke voller Vorurteile über andere Nationen. Leser und Zuschauer müssten bei diesen vorgefertigten Bildern "abgeholt" werden.

25. November 2008