Bischof Huber: Schutz des Beichtgeheimnisses nicht aufweichen

Hannover/Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) besteht auf die Einhaltung des Beicht-und Seelsorgegeheimnisses. "Auch aus Gründen der vorbeugenden Terrorismusabwehr kann es für uns keine Ausnahmen von dieser Regel geben", sagte der EKD-Ratsvorsitzende und Berliner Bischof Wolfgang Huber am Donnerstag bei einer Veranstaltung des Deutschen Anwaltsvereins in Berlin. Die Kirchen träten für einen restriktiven Umgang mit den Möglichkeiten verdeckter Informationsbeschaffung durch den Staat ein.

Der Schutz des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses müsse in verfassungsgemäßer Weise gewährleistet bleiben. Der Seelsorgeauftrag verpflichte die Kirchen, sich für den Schutz der Privatsphäre einzusetzen, sagte Bischof Huber. Er sieht die Kirchen gefordert, den Seelsorge-Begriff neu zu bestimmen. Der Ratsvorsitzende nannte beispielhaft die Spezialseelsorge in Haftanstalten oder Krankenhäusern, in Beratungsstellen, in der Telefon- und in der Notfallseelsorge.

Diese Bereiche machten deutlich, dass sich Seelsorge nicht mehr auf die Beichte im Beichtstuhl oder das Seelsorgegespräch im Amtszimmer des Pfarrers beschränke. Deshalb liege es im kirchlichen Interesse, Seelsorgesituationen möglichst vollständig zu erfassen, "die der Beschränkung durch Lauschangriffe oder durch Begrenzung des Zeugnisverweigerungsrechts ausgesetzt sein könnten."

In der EKD sei dazu ein Gesetzgebungsprozess eingeleitet worden, ergänzte Huber. Danach umfasse Seelsorge "aus dem christlichen Glauben motivierte und im Bewusstsein der Gegenwart Gottes vollzogene Zuwendung". Sie gelte dem einzelnen Menschen unabhängig von Religions- und Konfessionszugehörigkeit, der um Rat, Beistand und Trost in Lebens- und Glaubensfragen nachsucht. Jede Person, die sich an einen Seelsorger wendet, müsse darauf vertrauen können, dass nichts aus dem Seelsorgegespräch Dritten bekanntwerde.

27. November 2008

Impulsreferat des EKD-Ratsvorsitzenden im Wortlaut


Anwälte, Ärzte, Journalisten und Kirche fordern Schutz der Privatsphäre

Berlin (epd). Anwälte, Mediziner, Journalisten und Geistliche haben den absoluten Schutz der Berufsgeheimnisträger gefordert. Das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsvertreter und Mandant, Arzt und Patient sowie Journalist und Informant müsse für staatliche Überwachungsmaßnahmen tabu sein, forderten der Deutsche Anwaltverein (DAV), der Deutsche Journalistenverband (DJV) und der Hartmannbund bei einer Tagung am Donnerstag in Berlin. Sie appellierten an den Bundesrat, das BKA-Gesetz abzulehnen.

Die Kirchen hätten eine "unmittelbare, aus ihrem seelsorgerlichen Auftrag abgeleitete Pflicht", sich für den Schutz der Privatsphäre einzusetzen, sagte der Berliner Bischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber. Auch aus Gründen vorbeugender Terrorismusabwehr könne es für die Kirche dabei keine Ausnahme geben. Das Vertrauen in einen Seelsorger könne nur gewahrt werden, wenn die Privatsphäre nicht von außen gestört werde. Neben dem Schutz des Beichtgeheimnisses müsse jedoch der Schutz vor Überwachung auch für Beratungsstellen, Telefonseelsorge oder Notfallseelsorge gelten. "Vertrauen kann nur wachsen, wenn die Rechtsordnung Räume schützt, in denen Vertrauen wachsen kann."

In Krankenhäusern und Arztpraxen sei das Weitergeben von Informationen davon abhängig, wie hoch das Vertrauen in den Schutz sei, sagte Charité-Chef Karl-Max Einhäupl. Der Gesundheitsbereich sei ebenso wie die Kirche ein besonders schützenswerter Bereich. Gleichzeitig verwies Einhäupl darauf, dass der Schutz der Privatsphäre vor allem in Krankenhäusern praktikabel gewährleistet werden müsse. Er warnte etwa davor, dass durch die Anonymisierungen von Patientennamen Fehler entstehen könnten.

"Es kann nicht sein, dass künftig von Journalisten die Herausgabe von Recherchematerial verlangt werden kann, obwohl ein Zeugnisverweigerungsrecht zum Schutz der Informanten besteht", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken. Die Weitergabe von vertraulichen Informationen an Journalisten sei immer wieder die Voraussetzung dafür, dass Missstände und Verfehlungen überhaupt öffentlich würden.

Auch das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant müsse "für strafjustizielle Überwachungsmaßnahmen tabu sein", forderte DAV-Vorstandsmitglied Ulrich Schnellenberg. "Ein Zwei-Klassen-System innerhalb der Gruppe der zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträger lehnen wir ab." Im BKA-Gesetz ist geplant, Berufsgeheimnisträger in zwei Gruppen aufzuteilen. So sollen Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete absolut geschützt werden, bei Ärzten, Rechtsanwälten und Journalisten soll dies dagegen nur eingeschränkt gelten.

Bei der Tagung wurde zudem von DAV, DJV und Hartmannbund eine Resolution verabschiedet. Darin forderten die Vertreter aller betroffenen Berufsgruppen den Gesetzgeber auf, "auch im Wege des Vermittlungsausschusses den absoluten Schutz aller Berufsgeheimnisträger wiederherzustellen". Beim Schutz der Berufsgeheimnisträger handle es sich zudem nicht um ein Privileg, sondern um den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Bürgern, Mandanten, Patienten und Informanten, hieß es.

27. November 2008