Bischöfin Käßmann: Zehn Gebote sind gute Regeln für Moderne

Brüssel (epd). Die evangelische Bischöfin Margot Käßmann ist überzeugt, dass die Zehn Gebote auch für eine moderne Gesellschaft gute Regeln darstellen. Gerade angesichts der heutigen kulturellen Vielfalt setzten die Gebote Maßstäbe, sagte die hannoversche Landesbischöfin am Montag in Brüssel. Sie verwies unter anderem auf das vierte Gebot: "Du sollst Vater und Mutter ehren." So stelle sich die Frage, ob ein Altern in Würde möglich sei, "wenn heftig diskutiert wird, ob ab einem bestimmten Alter die Krankenversorgung eingestellt werden soll", sagte Käßmann.

Auch die Gebote gegen das Töten, den Ehebruch oder den Diebstahl seien weiter aktuell, unterstrich die Bischöfin als Hauptrednerin beim EU-Jahresempfang der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Gleiches gelte für die Vorgabe "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten". Gerade in "Wahlkampfzeiten und Koalitionsgerangel" wäre solch ein Bekenntnis gegen die Lüge und den Verrat gut anzuwenden, empfahl Käßmann.

Sie sei froh, "dass zwei Drittel der Menschen in unserem Land die Zehn Gebote als verbindlich ansehen", erklärte die 50-jährige Theologin, die der größten deutschen Landeskirche vorsteht. Wichtig wäre es, ihren Bekanntheitsgrad noch zu steigern. Die Zehn Gebote könnten helfen, Standpunkte in modernen ethischen Fragen wie Abtreibung, Sterbehilfe, Folter oder Globalisierung zu finden.

In ihrer Rede ging Käßmann auch auf die ambivalente Rolle der Kirchen in der europäischen Geschichte ein. Die religiösen Auseinandersetzungen der Vergangenheit hätten zur Spaltung Europas beigetragen, hob sie hervor. Umso anerkennenswerter sei der Verdienst der modernen ökumenischen Bewegung, die helfe, Grenzen nicht nur zwischen Religionen zu überwinden. "Europa braucht eine Seele", sagte die Bischöfin.

02. Dezember 2008

EKD-Pressemitteilung

Vortrag von Landesbischöfin Margot Käßmann im Wortlaut