Kirchenappell an EU: Keine Konjunkturhilfen zu Lasten des Klimas

Hannover (epd). Kurz vor dem EU-Gipfel haben protestantische Kirchen davor gewarnt, angesichts der aktuellen Finanzkrise die Anstrengungen zum Klimaschutz zu vernachlässigen. Die angestrebte Belebung der Wirtschaft dürfe nicht auf Kosten der nachhaltigen Entwicklung gehen, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben an den amtierenden EU-Ratspräsidenten, den französischen Staatschef Nicolas Sarkozy, das am Dienstag in Hannover veröffentlicht wurde. Unterzeichner sind der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, der Erzbischof der lutherischen Kirche von Schweden, Anders Wejryd, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber.

Die Neuausrichtung der Weltwirtschaft zum Beispiel auf Investitionen in "saubere" Technologien biete viel versprechende Möglichkeiten für reales und nachhaltiges Wachstum, werben die Bischöfe. Die EU-Staats- und -Regierungschefs wollen am Donnerstag und Freitag in Brüssel über Maßnahmen gegen die Finanzkrise und Rezession beraten. Auch das EU-Klimapaket steht auf der Tagesordnung.

Neben Sarkozy sind Adressaten des Bischofsbriefs Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie die Regierungschefs von Großbritannien und Schweden, Gordon Brown und Fredrik Reinfeldt. Merkel will sich beim EU-Gipfel Ende dieser Woche gegen Klimaschutzbeschlüsse sperren, die deutsche Arbeitsplätze gefährden würden. Sie sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe): "Der EU-Gipfel wird keine Klimaschutzbeschlüsse fassen, die in Deutschland Arbeitsplätze oder Investitionen gefährden. Dafür werde ich sorgen."

Von Partnerkirchen in aller Welt, die von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, werde Europas Reaktion aufmerksam beobachtet, schreiben die leitenden Geistlichen. Sie äußern die Sorge, dass Europa in dem Moment, in welchem die globalen Klimaschutzverhandlungen einen kritischen Punkt erreichen, die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise zu benutzen scheine, "um Schlüsselelemente seines eigenen Klimaschutzpaketes abzuschwächen". Es gehe nicht um eine Wahl zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Umweltschutz, mahnen die Kirchenoberhäupter. "Nachhaltig zu arbeiten für das weltweite Gemeinwohl und Gottes Schöpfung zu bewahren, sind keine Alternativen", heißt es in dem Schreiben.

Die drei Bischöfe ermuntern dazu, die aktuelle Situation nicht als Bedrohung, sondern als historische Chance" zusehen, um heute die kohlenstoffarme Wirtschaft von morgen auf den Weg zu bringen". Das Thema Klimawandel werde in der europäischen Öffentlichkeit als sehr wichtig angesehen. "Seien Sie versichert, dass wir in diesem kritischen Augenblick mit unseren Gedanken und Gebeten bei Ihnen und den anderen Regierungschefs sein werden", schreiben Williams, Wejryd und Huber.

09. Dezember 2008

EKD-Pressemitteilung „Belebung der Wirtschaft darf nicht Klimaschutz kosten“

Der gemeinsame Brief im Wortlaut (englisch und deutsch)



Kirchen und Umweltschützer mahnen EU zu Klimaschutz

Appelle an Merkel: "Klimaziele nicht aufweichen"

Berlin (epd). Kurz vor dem EU-Gipfel in Brüssel haben Kirchen und Umweltschützer davor gewarnt, den Klimaschutz wegen der Finanzkrise zu vernachlässigen. Die Belebung der Wirtschaft dürfe nicht auf Kosten der nachhaltigen Entwicklung gehen, erklärten der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, der lutherische Erzbischof Anders Wejryd (Schweden) und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, am Dienstag.

Die Neuausrichtung der Weltwirtschaft zum Beispiel auf umweltschonende Technologien biete vielversprechende Möglichkeiten für reales und nachhaltiges Wachstum, schrieben die drei Bischöfe in einem Brief an den EU-Ratspräsidenten, den französischen Staatschef Nicolas Sarkozy. Die EU-Staats- und -Regierungschefs wollen am Donnerstag und Freitag in Brüssel über Maßnahmen gegen die Finanzkrise und Rezession beraten. Auch das EU-Klimapaket steht auf der Tagesordnung.

Der Bischöfe richteten ihren Brief auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie die Regierungschefs von Großbritannien und Schweden, Gordon Brown und Fredrik Reinfeldt. Merkel hatte der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe) gesagt: "Der EU-Gipfel wird keine Klimaschutzbeschlüsse fassen, die in Deutschland Arbeitsplätze oder Investitionengefährden. Dafür werde ich sorgen."

Die Klima-Allianz, der rund 100 Umweltverbände, Gewerkschaften und entwicklungspolitische Organisationen angehören, warnte Merkel vor einer Kehrtwende in der Klimapolitik. Sollte sich Deutschland mit kurzsichtigen, an Wirtschaftsinteressen orientierten Forderungen bei dem Gipfel durchsetzen, drohten "weniger Innovation in der Wirtschaft", weniger Klimaschutz und mehr Arbeitslose, sagte der Bundesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger.

Die Absatzkrise der Autoindustrie sei eine Folge des Baus von Fahrzeugen mit hohen Emissionswerten. Dies zeige exemplarisch, wie "unterlassener Klimaschutz" Arbeitsplätze gefährde. Weiger schätzt die Folgekosten des Klimawandels auf das fünf- bis zehnfache der Kosten zur Bewältigung der aktuellen Finanzkrise.

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Rainer Baake, warnte vor einer "Verwässerung" des europäischen Emissionshandels durch die kostenlose Abgabe von Verschmutzungszertifikaten. Stattdessen müssten diese zu 100 Prozent versteigert werden. Sonst gebe es keinen Anreiz, in klimafreundliche Techniken zu investieren.

Für eine Beteiligung der Entwicklungsländer am Erlös des Emissionshandels plädierte das katholische Hilfswerk Misereor. Schon jetzt gebe es wegen des Klimawandels auf der südlichen Halbkugel viele Opfer wegen verdorrter Ernten, verdursteter Tiere, versalzten Grundwassers und zahlreicher Unwetter, sagte Geschäftsführer Thomas Antkowiak.

Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Hubert Weinzierl, warnte der Erhalt von Klima und Umwelt sei nicht verhandelbar. Deshalb dürften es beim EU-Gipfel Ende der Woche auch keine Ausnahmen vereinbart werden, weder für die deutsche Auto-Industrie noch für Polens Kohlekraftwerke, sagte er im Südwestrundfunk.

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, appellierte an die Unternehmen, sich mit Innovationen rasch auf den Klimaschutz einzustellen. "Wir müssen mehr in rationelle Energienutzung und erneuerbare Energien stecken", sagte er im DeutschlandRadio Kultur.

Der Klimaschutz wird nach einer Umfrage der Umweltstiftung WWF für 75 Prozent der Bundesbürger bei der Bundestagswahl 2009 eine wichtige Rolle spielen. Die Hälfte der Befragten erwarte von der CDU mehr Engagement im Umweltbereich, 39 Prozent von der SPD, 36 Prozent von den Grünen und 28 Prozent von der FDP.

09. Dezember 2008