Kirchen werben vor Brüsseler Gipfel für EU-Reformvertrag

Brüssel (epd). Im Vorfeld des Brüsseler EU-Gipfels haben sich die Kirchen für eine rasche Ratifizierung des Reformvertrags von Lissabon ausgesprochen. Der Vertrag mache die EU demokratischer und bürgernäher, sagte die Brüsseler Repräsentantin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Hatzinger, am Donnerstag. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, warb bei einem Besuch in der belgischen Hauptstadt am Mittwochabend für das Vertragswerk. Der Vertrag enthalte zwar keinen Gottesbezug, aber zahlreiche andere positive Aspekte, sagte Zollitsch.

Der EU-Reformprozess steckt in der Krise, seit die Bevölkerung Irlands den Vertrag im Juni per Referendum abgelehnt hatte. Bei den Gipfelgesprächen am Donnerstag und Freitag soll der irische Premierminister Brian Cowen seine 26 Amtskollegen über mögliche Lösungswege informieren. Der aktuelle Entwurf der Gipfel-Erklärung besagt indirekt, dass Irland im Herbst 2009 ein zweites Referendum abhalten könnte. Im Gegenzug soll das Land unter anderem seinen Kommissar in Brüssel behalten.

Die europäischen Kirchen tragen den Lissabon-Vertrag unter anderem deshalb mit, weil durch ihn die europäische Grundrechte-Charta erstmals rechtsverbindlich wird. Zudem werde die EU handlungsfähiger und transparenter, sagte Hatzinger. Der Vertrag sieht außerdem ein europäisches Bürgerbegehren und einen regelmäßigen Dialog mit Kirchen und weltanschaulichen Gruppierungen vor.

Er sei zuversichtlich, dass Irland eine Lösung finden werde, sagte Zollitsch. In der irischen Bischofskonferenz sehe er eine breite Zustimmung für den Lissabon-Vertrag. Der Freiburger Erzbischof hob auch hervor, dass einige Argumente der irischen "Nein"-Kampagne unzutreffend gewesen seien. So bleibe der Umgang mit der Abtreibung und der Homosexualität weiterhin eine nationale Frage. Auch die Neutralität Irlands werde nicht angetastet, unterstrich Zollitsch.

11. Dezember 2008