Volksbegehren "Pro Reli" erfolgreich

Initiative sammelte 307.000 Unterschriften - Wahlleiter bestätigt Erfolg - Huber: Gesetzesvorschlag aufgreifen

Berlin (epd). In Berlin war das Volksbegehren für eine Gleichstellung von Ethik- und Religionsunterricht erfolgreich. Wie der Landeswahlleiter am Mittwoch mitteilte, ergab die bisherige Prüfung bereits 181.854 gültige Unterschriften. Erforderlich waren rund 170.000. Die Initiative "Pro Reli" sammelte eigenen Angaben zufolge in den vergangenen vier Monaten mehr als 307.000 Unterschriften. Kirchen und Bundespolitiker begrüßten den Ausgang des Volksbegehrens, dessen Frist am Mittwoch ablief.

Das Volksbegehren will erreichen, dass es an Berliner Schulen Wahlfreiheit zwischen Religions- und Ethikunterricht gibt. Anders als in nahezu allen Bundesländern ist derzeit in Berlin Ethik von der 7. bis zur 10. Klasse Pflicht, konfessioneller Religionsunterricht dagegen ein freiwilliges Angebot. Über einen Termin für einen Volksentscheid wird noch gestritten. Das amtliche Endergebnis des Volksbegehrens wird bis Anfang Februar erwartet. Die nächste Stufe des Verfahrens wird in den kommenden Monaten ein Volksentscheid sein, bei dem sich mindestens 610.000 Berliner für das Anliegen von "Pro Reli" aussprechen müssen.

Der Vorsitzende der Initiative "Pro Reli", Christoph Lehmann, nannte am Mittwochabend das Volksbegehren "das mit Abstand erfolgreichste in der Geschichte Berlins". Dies sei ein deutliches Signal auch an die Berliner Landespolitiker, fügte er hinzu. Der Berliner Bischof Wolfgang Huber forderte die Parteien im Abgeordnetenhaus auf, schon jetzt das Schulgesetz zu ändern und damit einen Volksentscheid überflüssig zu machen. "Ich würde es eindeutig vorziehen, wenn das Abgeordnetenhaus das Volksbegehren jetzt schon aufgriffe und dessen Inhalt zum Gesetz machte", sagte Bischof Huber der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagsausgabe). Die Kirchen wollten "falsche parteipolitische Instrumentalisierungen" aber auch dann vermeiden, wenn der Senat das Gesetz nicht vorab ändere und somit ein Volksentscheid nötig werde.

Der Staat habe kein Recht, religiöse Inhalte zu bestimmen, sagte Huber, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland ist. "Deshalb kann Ethik kein staatliches Einheitsfach sein, das für sich beansprucht, die jüdisch-christliche Perspektive oder die muslimische zu vertreten." Der Staat könne keine Deutungshoheit über den religiösen Bereich beanspruchen. Huber erinnerte daran, dass der Gesetzentwurf von "Pro Reli" in der Fächergruppe aus Ethik und konfessionellem Religionsunterricht Kooperationsphasen vorsehe.

Bereits zuvor hatte Huber gemeinsam mit dem katholischen Erzbischof und Kardinal Georg Sterzinsky erklärt, es sei schon jetzt ein Erfolg, dass wieder intensiv über Religionsunterricht gesprochen werde. Der Berliner Senat untermauerte unterdessen seine ablehnende Haltung gegenüber einem möglichen Kompromiss mit den Kirchen. Die Phase der Kompromissfindung sei vorbei, zitiert die "Berliner Zeitung" die Sprecherin von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Verhandlungen seien den Kirchen im Vorfeld angeboten worden.

Der Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU sieht in dem Ausgang des Volksbegehrens eine klare Absage an die gegen die Kirchen gerichtete Politik des Berliner Senats. Mehr als 300.000 Berliner hätten dem von SPD und Linkspartei gebildeten Senat die "rote Karte" gezeigt und ein starkes Zeichen für Religionsunterricht an den Schulen gegeben, sagte der Bundesvorsitzende des Arbeitskreises, Thomas Rachel, am Donnerstag.

Auch der Arbeitskreis Christen und Christinnen in der SPD hatte den Erfolg des Volksbegehrens begrüßt. Die angestrebte Gleichstellung des bislang freiwilligen Religionsunterrichts mit dem Pflichtfach Ethik sei richtig und unverzichtbar, erklärte der Sprecherkreis, dem unter anderen die Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse angehören.

22. Januar 2009

Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, zum Thema im Welt-Interview vom 22. Januar 2009