Gemeinde weiht Deutschlands größte liberale Synagoge ein

Hannover (epd). In einer ehemaligen evangelischen Kirche in Hannover wird an diesem Sonntag Deutschlands größte liberale Synagoge eingeweiht. Das Gebäude war in den vergangenen beiden Jahren für rund 3,3 Millionen Euro zum jüdischen Gemeindezentrum umgebaut worden. "Das ist für die gesamte liberale jüdische Bewegung ein großer Tag", sagte die Vorsitzendes des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen, Katarina Seidler, am Freitag: "Wir gehen mit einem guten Beispiel voran und zeigen, was die jüdischen Gemeinden in Deutschland leisten können."

Bundesweit gibt es laut Seidler 22 liberale jüdische Gemeinden mit rund 4.500 Mitgliedern. Ihr Kennzeichen ist die völlige Gleichberechtigung der Frau in allen religiösen Belangen im Unterschied zu den orthodox ausgerichteten jüdischen Gemeinden. Insgesamt leben in Deutschland rund 200.000 Juden, überwiegend Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. "Wir wollen ein offenes Haus sein, kein Closed-Shop für Juden", sagte die hannoversche Gemeindevorsitzende Ingrid Wettberg: "Die Einweihung ist ein historischer Tag, auf den wir lange hingearbeitet haben."

Zur Einweihung der Synagoge "Etz Chaim" (Baum des Lebens) werden 550 Gäste erwartet, unter ihnen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann, der katholische Bischof Norbert Trelle sowie die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch. Zugleich führt die Gemeinde ihren neuen Rabbiner Gabor Lengyel in sein Amt ein.

Es ist das zweite Mal in Deutschland, dass eine Kirche zur Synagoge wurde. In Bielefeld hatten Kirchenmitglieder 2007 drei Monate lang die Paul-Gerhardt-Kirche besetzt, um gegen den Verkauf des Gebäudes zu protestieren. Dort wurde im September 2008 eine Synagoge eingeweiht. In Hannover hätten sich dagegen Christen aus der Nachbarschaft positiv über den Umbau der modern gestalteten ehemaligen Gustav-Adolf-Kirche aus dem Jahr 1968 geäußert, sagte Wettberg. Die evangelische Landeskirche ist froh, dass eine gottesdienstliche Nachnutzung gefunden wurde.

Das Land Niedersachsen beteiligte sich mit einer Million Euro an dem Umbau. Die Stadt und die Region Hannover gaben jeweils 500.000 Euro. Rund 1,3 Millionen Euro bringt die Gemeinde durch Spenden und Kredite selbst auf. Zu dem Zentrum gehören auch eine öffentliche jüdische Bibliothek, eine Beratungsstelle für Zuwanderer, ein Jugendraum, Büros, ein Café und ein Kindergarten.

Die Gemeinde hat derzeit mehr als 600 Mitgliedern aus 14 Nationen. Sie war 1995 mit 79 Mitgliedern aus der orthodox ausgerichteten Jüdischen Gemeinde Hannover heraus gegründet worden. Sie wuchs vor allem durch den Zuzug von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion.

23. Januar 2009

Liberale Jüdische Gemeinde Hannover