Schwieriges Gedenken an der Elbe

Dresden erinnert an Bombennacht von 1945 und feiert Partnerschaft mit Coventry

Dresden (epd). Nur wenige Gedenktage sind so umkämpft wie der 13. Februar in Dresden. Für die einen gilt die Stadt mit der wiedererrichteten Frauenkirche als Symbol für verheerende Kriegszerstörungen, andere verweisen besonders auf die Bemühungen um Frieden und Völkerverständigung. Wieder andere rechnen die Bombardierung der Stadt, bei der wahrscheinlich bis zu 25.000 Menschen ums Leben kamen, gegen nationalsozialistische Verbrechen auf.

So nutzen alljährlich mehrere Tausend Neonazis die Stadt für einen sogenannten "Trauermarsch". Auch in diesem Jahr beherrscht der braune Spuk maßgeblich die Schlagzeilen. Beobachter rechnen für Samstag mit 4.000 bis 6.000 Rechtsextremisten und sprechen von der europaweit größten Versammlung der Szene. Die Polizei hat sich für einen Großeinsatz gerüstet. Voraussichtlich werden die Neonazis auch die Bilder von Dresden prägen, die dann deutschlandweit und im Ausland über das Gedenken an der Elbe zu sehen sind.

Dabei gehen von der Stadt auch ganz andere, friedlichere Botschaften aus. Im Schatten von Naziaufmärschen und Gegendemonstrationen mit Berliner Politprominenz wollen Dresden und das britische Coventry dieser Tage an das 50-jährige Bestehen ihrer Städtepartnerschaft erinnern. Dazu werden unter anderen der Bischof von Coventry, Christopher Cocksworth, Bürgermeister Andy Matchet sowie der frühere Leiter des Internationalen Versöhnungszentrums in Coventry, Paul Oestreicher, sowie sein Nachfolger David Porter erwartet.

Die Städtepartnerschaft mit Coventry war die erste, die Dresden nach Kriegsende eingegangen ist. Der Anlass für die Zusammenarbeit waren die schweren Kriegszerstörungen in beiden Städten. Deutsche Flugzeuge hatten Coventry 1940/41 bombardiert. Dennoch rief Domprobst Dick Howard schon 1940 in den Ruinen seiner Kathedrale zum Frieden auf: "Es fällt uns zwar schwer, aber wir Christen sagen Nein zur Vergeltung und ja zur Vergebung", erklärte er im Weihnachtsgottesdienst.

Schon zwei Jahre nach Kriegsende war Coventry auf Kiel zugegangen und hatte zur ersten deutsch-britischen Städtepartnerschaft eingeladen. "Das war damals mutig und umstritten", erinnert sich Paul Oestreicher. Dann habe die britische Stadt jenseits des Eisernen Vorhangs einen Partner gesucht und Dresden gewonnen. "Das war im Kalten Krieg erst recht ein Wagnis", sagt Oestreicher.

Nach schwierigen Verhandlungen mit den DDR-Behörden kamen in der Folge junge Menschen aus Coventry nach Dresden. Sie trugen zur Linderung der Kriegswunden bei. Über die Stadt hinaus bekanntgeworden sind vor allem die Arbeitseinsätze zum Wiederaufbau des Dresdner Diakonissenkrankenhauses. Bis heute tauschen beide Städte Jugendgruppen aus oder arbeiten in der Kultur oder bei Initiativen für den Frieden zusammen.

Der Geist der Aussöhnung prägte den 13. Februar als Dresdner Gedenktag vor allem ab Anfang der 80er Jahre, als sich Bürger nicht mehr von der Staatspropaganda bevormunden lassen wollten. Das alljährliche stille Kerzengedenken an der Ruine der Frauenkirche wurde zu einem Symbol der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR, die maßgeblich zum Untergang des SED-Regimes im Herbst 1989 beitrug.

Die starke Symbolkraft und zum Teil auch internationale Bedeutung des 13. Februar wird allerdings seit Jahren von Neonazis gestört. Sie instrumentalisieren den Tag für ihre Propaganda, in der zum Teil von hunderttausenden Bombentoten in Dresden die Rede ist. Sächsische Landtagsabgeordnete der NPD prägten den Begriff des "Bombenholocausts".

Neben den jährlichen Gedenkveranstaltungen am Freitag mit Kranzniederlegung, Gottesdiensten und Konzerten sind für Samstag unter dem Titel "Geh Denken" drei Protestzüge gegen den zeitgleichen Aufmarsch der Neonazis geplant. Erstmals hat ein Bündnis aus linken Parteien, Gewerkschaftern und Kirchenvertretern bundesweit zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Bis zu 15.000 Menschen werden erwartet, unter ihnen auch SPD-Chef Franz Müntefering, Grünen-Vorsitzende Claudia Roth, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) und der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi.

11. Februar 2009

Aktion „Geh Denken“ in Dresden