Als Bischof und Professor im Dienst der Bibel

Der frühere EKD-Ratsvorsitzende Eduard Lohse wird 85 Jahre alt

Göttingen/Loccum (epd). Als Theologe hat er sich ebenso Respekt erworben wie als Bischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): Der frühere hannoversche Landesbischof Eduard Lohse aus Göttingen wird am 19. Februar 85 Jahre alt. 17 Jahre lang, von 1971 bis 1988, stand er an der Spitze der größten deutschen Landeskirche, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Zwischen 1979 und 1985 repräsentierte er als EKD-Ratsvorsitzender den deutschen Protestantismus. Ihn kennzeichneten Geduld und Gelassenheit, und dies prägte sein auch sein Wirken.

Trotz hanseatischer Zurückhaltung scheute der gebürtige Hamburger nie die klare Meinungsäußerung. Eingeprägt hat er sich jedoch als Vermittler, der unterschiedliche Positionen in der Kirche zusammenbringen konnte. Er versammelte die Gemeinden aus dem weiten Raum zwischen Ostfriesland und Göttingen 1978 zu einem "Tag der Landeskirche", an dem sich zu seiner Freude alle kirchenpolitischen Richtungen beteiligten. Unter dem Ratsvorsitz von Lohse erschien die erste Friedensdenkschrift, mit der die EKD 1981 versuchte, unterschiedliche friedensethische Positionen zu versöhnen.

Als der Deutsche Evangelische Kirchentag 1983 nach Hannover kam, war das Christentreffen geprägt vom Widerstand gegen die "Nachrüstung" im Kalten Krieg. Lohse vertrat eine andere Meinung. Aber zu diesem Kirchentag, der ihm zu politisch war, fiel ihm auch Positives ein: "Zum ersten Mal haben wir den Abschlussgottesdienst als Abendmahlsgottesdienst gefeiert", sagte er. Lohses Amtszeit als oberster Repräsentant der EKD war ebenfalls geprägt vom Lutherjahr 1983, das ein neues Interesse an dem Reformator Martin Luther (1483 - 1546) auslöste.

Seine wissenschaftliche Laufbahn begann der Sohn eines Studienrats unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er als Schnellboot-Kommandant bei der Marine gedient hatte. Bereits 1949 promovierte er in Göttingen. Professor für das Fach Neues Testament wurde er zunächst in Kiel, seit 1964 in Göttingen.

Als die hannoversche Landessynode Lohse 1970 zum Nachfolger von Bischof Hanns Lilje wählte, war er Rektor der Georg-August-Universität in Göttingen und steuerte sie durch die politischen Umbrüche dieser Zeit. Als Bischof und bis zum Jahr 2000 als Abt zu Loccum hielt er weiter den Kontakt zur Theologie. Der Bischof weckte Erstaunen, als er sich für ein Studienhalbjahr in die USA zurückzog. In seine Zeit als Vorsitzender der Deutschen Bibelgesellschaft fiel die Modernisierung der Lutherbibel, für Lohse eines der wichtigsten Ereignisse seiner Amtszeit.

1988 wählte ihn der Weltbund der Bibelgesellschaften zu seinem Präsidenten. Die päpstliche Universität Gregoriana in Rom lud den evangelischen Theologen zu Gastvorlesungen ein. Mehrere Universitäten des In- und Auslands haben den Neutestamentler mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Zuletzt erschien im vergangenen Jahr sein Buch über das Urchristentum.

2007 wurde Lohse für sein "einzigartiges wissenschaftliches Werk" mit dem Leopold-Lucas-Preis der Universität Tübingen geehrt. Redner hoben dabei seine Impulse für ein neues Verhältnis zwischen Christen und Juden hervor. Das Preisgeld von 40.000 Euro stellte Lohse als Grundstock für den neuen Studienpreis des Klosters Loccum zur Verfügung, in dessen Konvent er weiter mitarbeitet. Der Preis soll den theologischen Nachwuchs fördern.

Wichtig ist Lohse die Gemeinschaft der Kirchen in der Ökumene. Beim ersten Deutschland-Besuch von Papst Johannes Paul II. kam es in Mainz zu einer Begegnung der EKD-Spitze mit dem Kirchenoberhaupt, die zur Bildung einer gemeinsamen Ökumenischen Kommission führte. Gemeinsam mit dem Mainzer Bischof Karl Lehmann war er Vorsitzender des Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen, dessen Vorarbeit 1985 zur Aufhebung der gegenseitigen Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts führte. Wichtig ist ihm auch seine Familie: seine Frau Roswitha, mit der er seit 1952 verheiratet ist, seine drei Kinder und sechs Enkel.

12. Februar 2009