Schäuble würdigt Leistungen der Diakonie im geteilten Deutschland

Präsident des Kirchenamts der EKD Barth: Kirchen haben die Teilung nicht hingenommen

Berlin (epd). Im Jubiläumsjahr des Mauerfalls hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Leistungen der Diakonie im geteilten und vereinigten Deutschland gewürdigt. Schäuble sagte beim Jahresempfang des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche am Freitag in Berlin, die aufgezwungene Teilung sei im kirchlichen Bereich nie so absolut gewesen, wie es die SED habe durchsetzen wollen.

Die Diakonie habe in der DDR eine wichtige gesellschaftliche Rolle gespielt, sagte Schäuble. Dies zu verhindern, sei dem SED-Machtapparat nicht gelungen, obwohl er "der Diakonie das Leben so schwer wie möglich gemacht" habe. Anfangs seien viele Einrichtungen beschlagnahmt worden. Erst in den 1960er Jahren seien der Diakonie eine geregelte Finanzierung und Hilfen aus dem Westen zugestanden worden.

Die Diakonie unterhielt in der DDR in den 1970er und 80er Jahren 120 Einrichtungen für geistig behinderte Menschen und betreute rund die Hälfte aller schwer Körperbehinderten. Hinzu kamen Krankenhäuser und mehrere hundert Kindergärten, Horte und Altenheime. Ohne die Diakonie im Osten und die Solidarität der Christen im Westen wäre das Gesundheits- und Sozialsystem der DDR überfordert gewesen, bilanzierte Schäuble. Diakonische Einrichtungen hätten sich stets um die Schwächsten gekümmert.

Das humanitäre Engagement evangelischer Christen in Ost und West hatte erhebliche politische Bedeutung für den Alltag in der DDR und die innerdeutschen Beziehungen, erinnerte Schäuble. Die Kirchen hätten als "einzige unabhängige Kraft" einen Schutzraum geboten für kritisches Denken und das Bewusstsein für die Einheit des deutschen Volkes mit am Leben erhalten, bis hin zur friedlichen Revolution im Jahr 1989. Heute könnten die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände viel zur inneren Einheit beitragen, sagte Schäuble. Die Gesellschaft sei heterogener als je zuvor, die Gefahr, dass sich soziale mit kulturellen und religiösen Konflikten vermischen, sei gestiegen.

Diakoniepräsident Klaus-Dieter Kottnik erinnerte vor rund 250 Gästen aus Politik, Verbänden und Gesellschaft in der Stephanus-Stiftung in Berlin-Weißensee daran, dass die Diakonie in Westdeutschland die evangelische Kirche in der DDR über Jahrzehnte materiell unterstützt hat. Für die Gehälter der Kirchenbediensteten im Osten habe es finanzielle Zuschüsse aus dem Westen gegeben. Ferner seien Hilfsgüter wie medizinische Geräte oder auch Baustoffe über die deutsch-deutsche Grenze gebracht worden.

Noch mehr als diese materiellen Hilfen haben aber laut Kottnik Partnerschaften zwischen Kirchengemeinden, diakonischen Einrichtungen und Werken zum Zusammenhalt der Menschen in Ost- und Westdeutschland beigetragen. Auch die Stephanus-Stiftung war in der DDR ein Ort der Begegnung für Menschen aus Ost und West.

Der Präsident des Kirchenamts der EKD, Hermann Barth, sagte, die Rückblicke auf den Mauerfall vor 20 Jahren böten Gelegenheit, den besonderen Beitrag der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie zu würdigen. Sie hätten dazu beigetragen, den Zusammenhalt trotz aller Absperrungen zu bewahren. Nach der Wende sei erst allmählich ein angemessenes Bild dieser Leistung entstanden. Die Kirche und die Diakonie hätten Grund, "mit Dankbarkeit und Stolz auf vieles zu blicken, das den Menschen in ihren konkreten Nöten geholfen hat".


13. Februar 2009