"Sterbehelfer" Roger Kusch gibt auf

Hamburg (epd). Der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch will keine Hilfe zum Suizid mehr anbieten. Damit reagierte Kusch auf das Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts, das ihm diese Beihilfe untersagt hatte. Er finde die Gerichtsentscheidung sei falsch, er werde den Beschluss aber respektieren, sagte der Kusch dem "Spiegel" (Samstagsausgabe). Menschen, die sich an ihn wendeten, werde er Schweizer Organisationen wie Dignitas empfehlen. Nordelbische Kirche und Deutsche Hospiz Stiftung begrüßten den Rückzug Kuschs.

Das Hamburger Verwaltungsgericht hatte am 6. Februar ein Verbot der Innenbehörde bestätigt, die Kusch die Beihilfe zum Suizid verboten hatte (Az. 8 E 3301/08). Als Suizidbegleiter betreibe Kusch "kein erlaubtes Gewerbe", urteilte das Gericht. "Sozial unwertige und gemeinschaftsschädliche Tätigkeiten" seien verboten und nicht durch das Grundrecht auf freie Berufswahl geschützt. Zwar sei die Beihilfe zur Selbsttötung nicht strafbar. Hier aber gehe es "um die sozial unwertige Kommerzialisierung des Sterbens durch Beihilfe zum Suizid gegen Entgelt".

Entgegen seinen ursprünglichen Plänen hatte Kusch auf weitere Rechtsmittel verzichtet. Seinen Meinungswandel begründet der Jurist mit den Schwierigkeiten, in Deutschland auf legale Weise an zum Suizid nötige Medikamente zu kommen. Er müsse immer "mit Tricks und Heimlichkeiten" arbeiten. "Das finde ich am Lebensende unwürdig."

Den Verwaltungsrichtern warf der ehemalige Justizsenator zu große Emotionalität bei der Entscheidungsfindung vor. Die Begründung habe "völlig überflüssige Bosheiten" enthalten, die juristisch keine Rolle spielten. So sei er "in eine Ecke mit Prostituierten" gestellt worden. Das Ende seiner Karriere als "Sterbehelfer" empfinde er nicht "als Scheitern, sondern als Zäsur". In Deutschland seien jetzt die Ärzte gefordert, Suizidhilfe zu leisten. "Die haben kein Problem mit dem Arzneimittelgesetz."

Die Nordelbische Kirche begrüße den Rückzug Kuschs, sagte der Kirchensprecher für Hamburg, Thomas Kärst. "Wir hoffen, dass die wichtige Diskussion um die Begleitung von todkranken Menschen jetzt wieder unaufgeregt und unter Beachtung der Menschenwürde geführt werden kann." Öffentlicher Druck, so Eugen Brysch, Vorstand der Hospiz Stiftung (Berlin), habe Kusch dazu bewogen, seine "menschenverachtende Suizidvermittlung" einzustellen. Die Politik müsse jetzt verhindern, dass das Problem ins Ausland verschoben werde. Die Angst vor schlechter Pflege und vor Fehlversorgung am Lebensende sei allgegenwärtig. Notwendig sei ein grundsätzlicher Wandel in der Gesundheitsversorgung.

Kusch war von 2001 bis 2006 Justizsenator in Hamburg. Er wurde im März 2006 von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) entlassen und trat unmittelbar danach aus der CDU aus. Später gründete er die Partei "Heimat Hamburg", die unter anderem die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe forderte. Sie scheiterte aber bei der letzten Bürgerschaftswahl an der Fünf-Prozent-Hürde. Im September 2007 gründete er den Verein "Dr. Roger Kusch Sterbehilfe". Vor knapp einem Jahr stellte er einen von ihm entwickelten Selbsttötungsautomaten vor.

20. Februar 2009