Der braunschweigische evangelische Landesbischof Friedrich Weber wird 60 Jahre alt

Den Kompass stets im Blick

Von Manfred Laube und Michael Grau (epd)

Wolfenbüttel (epd). Den Schiffskompass hat Friedrich Weber stets im Blickfeld. In einem goldfarbenen Messinggehäuse ziert das bauchige Gerät seinen Schreibtisch in Wolfenbüttel. "Da schaue ich manchmal drauf", erzählt der Landesbischof, der vor Jahren auf dem Rhein den Bootsführerschein erwarb. "Das hat vielleicht etwas mit Kurs halten zu tun." Seit sieben Jahren steuert Weber den Kurs der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig mit rund 400.000 Mitgliedern in 400 Gemeinden. Am Freitag (27. Februar) wird er 60 Jahre alt.

Zur Feier im Braunschweiger Dom und im Landesmuseum haben sich zahlreiche prominente Gäste aus Kirche und Politik angesagt. Denn Webers Rat und Stimme sind weit über seine eigene Landeskirche hinaus gefragt. Der gebürtige Hesse gilt unter anderem als Experte für den Dialog mit der römisch-katholischen Kirche, der durch die Debatte um den Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson neue Brisanz bekommen hat. Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) ernannte ihn 2006 zu ihrem Catholica-Beauftragten.

In dieser Funktion sucht Weber das Gespräch mit seinen katholischen Bischofskollegen, scheut sich aber auch nicht, Distanz zu umstrittenen Positionen des Papstes zu halten. Catholica-Beauftragter sei für ihn das schönste Amt, das die VELKD zu vergeben habe, findet er: "Weil es über die eigenen Kirchenmauern hinaus führt zu Gesprächspartnern, denen der christliche Glaube auch wichtig ist, aber in anderer Gestalt."

In der Ökumene gehe es allerdings nur in kleinen Schritten voran. Ein Erfolg sei immerhin, dass beide Seiten nach längerer Pause wieder offizielle Lehrgespräche aufnehmen wollen. Als Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen achtet Weber außerdem darauf, dass auch kleinere Kirchen wie die Orthodoxen und die Freikirchen in der Ökumene vorkommen.

Seine persönliche Kompassnadel zeigte von Hessen aus oft in Richtung Norden. Aus Greetsiel in Ostfriesland, von einem Marschbauernhof hinter dem Deich, stammt seine Frau Bielda. Und dort, in einer reformierten Kirchengemeinde, wurde der Sohn eines Bahnbeamten aus Hessen mit 23 Jahren Vikar und übernahm danach seine erste Pfarrstelle. Zuvor hatte er in der Rekordzeit von neun Semestern sein Studium einschließlich dreier alter Sprachen absolviert. An der Nordseeküste habe er gelernt, was es heißt, ein Pastor zu sein, erzählt er: "Die Qualität eines Pastors zeichnet sich dadurch aus, wie nah er bei den Menschen ist."

Als er 1984 nach Hessen zurückkehrte, hatte der Theologe auch eine in mehreren Kisten verstaute Quellensammlung mit rund 4.000 Fällen von "Kirchenzucht" in Ostfriesland im 16. Jahrhundert in Gepäck. Daraus hat er in seiner Zeit als Pfarrer und Dekan in Oppenheim am Rhein und später als Propst in Wiesbaden seine Doktorarbeit gefertigt. Heute lehrt er als Honorarprofessor an der Technischen Universität Braunschweig Kirchengeschichte für angehende Lehrer. Und er schätzt das Gespräch mit den Studenten, die kritisch nachfragen: "Da stehe ich als Bischof unter dem Druck, Theologie so zu vermitteln, dass sie verständlich ist."

Auch gegenüber Politikern macht Weber kirchliche Positionen deutlich, wenn es etwa um Flüchtlinge oder die Forschung an embryonalen Stammzellen geht. Als Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen ist er der Ansprechpartner des Landtages und der Landesregierung. Ein besonderes Anliegen ist ihm der Schutz des Sonntags, der nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden dürfe: "Gemeinsame freie Zeit zu haben ist ein hohes Kulturgut."

Privat schätzt der Vater zweier erwachsener Kinder die Musik von Bach und Schostakowitsch und Literatur von Sartre, Camus und Thomas Mann. Wind, Meer und Seefahrt haben es ihm angetan, deshalb will Weber auch nach seiner Zeit als Bischof im Norden bleiben. Der dortige Menschenschlag, der Gefühle eher im Zaum hält, liege ihm, erzählt er: "Wer Sturm und Wellen begegnen und trotz starker Böen Kurs halten will, der braucht viel innere Ruhe, sonst kriegt er das nicht hin."

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25. Februar 2009