EU-Kommissar Verheugen befürwortet arbeitsfreien Sonntag

Brüssel (epd). EU-Industriekommissar Günter Verheugen hat sich für den Schutz des arbeitsfreien Sonntags in Europa ausgesprochen. "Ich kann es nicht für einen Fortschritt halten, dass wir uns immer weniger Zeit zur Besinnung gönnen", sagte Verheugen dem epd in Brüssel. Er teile die Ansicht von Kirchen und Gewerkschaften, dass der Sonntagsschutz nicht weiter ausgehöhlt werden solle, so der Kommissar.

Der arbeitsfreie Sonntag ist derzeit in der einschlägigen EU-Gesetzgebung nicht verankert. Die Arbeitszeitrichtlinie sieht zwar eine wöchentliche Ruhepause vor, die aber nicht zwingend den Sonntag einschließen muss. Die einzelnen EU-Staaten bestimmen selbst, wie sie die Sonntagsregelung handhaben. Viele von ihnen haben den Sonntagsschutz in den vergangenen Jahren deutlich gelockert.

Im epd-Interview über die soziale Dimension Europas nahm Verheugen auch zu den Konsequenzen der EU-Osterweiterung 2004 Stellung. Obwohl Deutschland seine Arbeitsmärkte spätestens 2011 öffnen müsse, werde es nicht zu einem Massenandrang billiger Arbeitskräfte kommen, sagte der Kommissar. "Diese Sorge ist unbegründet." In anderen westlichen Ländern habe es eine solche Schwemme auch nicht gegeben. Das EU-Recht lasse keine Ausbeutung von billiger Arbeitskraft zu, sagte der Kommissar.

Verheugen kritisierte auch, dass die EU-Strukturhilfe für entwicklungsschwache Regionen Europas in Deutschland oft in einem schlechten Licht dargestellt werde. "Dieses Prinzip wird in Deutschland gerne denunziert als 'Wir sind der Zahlmeister'", sagte er. Es gehe darum, dass Starke Schwachen etwas abgäben. Deutschland habe sich nach dem Krieg erholt, weil es genau diese Solidarität erfahren habe, unterstrich er.

Mit Blick auf die Debatte über überhöhte Managergehälter und Boni sagte Verheugen, diese seien klar eine der Ursachen der Finanzkrise. Die EU werde in Kürze eine Empfehlung zur Begrenzung dieser Zahlungen vorlegen. Einkommen dürften nicht an kurzfristigen Unternehmenserfolg gebunden werden, unterstrich Verheugen. Für besonders gefährlich halte er Aktienoptionen für Manager.

Angesichts der Krise sei es wichtig, nicht in einen protektionistischen Wettlauf zu verfallen, mahnte Verheugen. Der europäische Binnenmarkt müsse geschützt werden. Zudem gelte es zu begreifen, dass die globalen Finanzmärkte Regeln brauchen: "Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass bestimmte Finanzprodukte zulassungspflichtig werden müssen." Wenn die richtigen Maßnahmen getroffen würden, werde sich die Wirtschaft relativ schnell wieder erholen können.

02. März 2009