Verteidiger der Grundrechte

Ehemaliger Bundesinnenminister und Verfassungsgerichtspräsident Ernst Benda mit 84 Jahren gestorben

Von Rainer Clos und Volker Lilienthal (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Ernst Benda gehörte zu den prägenden Figuren der bundesdeutschen Rechtsgeschichte. Am Montag starb der frühere Bundesinnenminister und langjährige Präsident des Bundesverfassungsgerichts im Alter von 84 Jahren in Karlsruhe. Bis zu seinem Ausscheiden Ende 1983 als Präsident des obersten deutschen Gerichts war Benda an Urteilen unter anderem zum Radikalenerlass, zur "Wehrdienstverweigerung per Postkarte", zur Volkszählung und zum Scheidungsrecht beteiligt.

In seine bis 1983 dauernde Amtszeit fiel auch die Verfassungsgerichts-Entscheidung zum Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR von 1973, die eine Fortsetzung der Entspannungspolitik ermöglichte. Unter Benda fällte das Bundesverfassungsgericht auch das Urteil über die Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs vom 25. Februar 1975 und die Entscheidung zur Schleyer-Entführung vom 16. Oktober 1977.

Teilen der 68er-Generation galt Benda als Inbegriff eines autoritären Politikers. Der CDU-Politiker war 1967 während der Großen Koalition als Staatssekretär und späterer Bundesinnenminister maßgeblich mit der heftig umstrittenen Notstandsgesetzgebung befasst. Im Notstandsrecht sahen viele linke Studenten einen Generalangriff auf die Freiheitsrechte der Bürger.

Für Benda selbst ging es aber gerade darum, die Verfassungsrechte mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Erst nach längerem parteipolitischen Tauziehen war der 1925 in Berlin geborene Jurist im November 1971 einstimmig vom Bundesrat zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählt worden. Für den Juristen, der im Zweiten Weltkrieg als Funker bei der Marine eingesetzt war und sich nach Kriegsende zunächst als Bauarbeiter durchgeschlagen hatte, war das ein Traumjob. Nach seinem Ausscheiden aus diesem Amt hatte er viele Jahre lang den Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) geleitet.

Für Aufsehen sorgte auch Bendas Engagement beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, dessen Präsident er 1993 und 1995 war. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, erinnerte in einer Festschrift für den Juristen im November vergangenen Jahres daran, dass Benda als Präsident des Hamburger Kirchentags 1995 auf der Abschlusskundgebung gegen die Versenkung der Ölbohrplattform "Brent Spar" protestiert und zu einem Boykott des Ölkonzerns Shell aufgerufen habe. "So verband er Schöpfungsverantwortung und gesellschaftliches Engagement konkret miteinander", schrieb Huber.

Dem EKD-Ratsvorsitzenden zufolge wird es sich "als klug erweisen, der Empfehlung Ernst Bendas zu folgen und - insbesondere auch in den Medien - die Bedeutung unserer Verfassung und insbesondere der Grundrechte auch im Alltag der Menschen stärker zu betonen". Beim Protestantentreffen 2001 in Frankfurt am Main hatte Benda begründet, warum die Tötung von Embryonen im Rahmen der Forschung aus seiner Sicht gegen das Grundgesetz verstößt. Der Achtung der Menschenwürde maß der Christ und Verfassungsjurist eine besondere Bedeutung bei. Benda gehörte auch der Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland an.

Nach seiner Karriere als Verfassungsrichter war Benda zu Rechtsfragen weiterhin ein gefragter Mann. 1984 übernahm der verheiratete Vater von zwei Kindern an der Universität Freiburg den Lehrstuhl für Öffentliches Recht und verfasste Expertisen in zahlreichen internationalen Streitfällen.

02. März 2009