Papua-Neuguinea steht im Mittelpunkt des Weltgebetstags der Frauen

Schatten im Paradies

Von Elvira Treffinger (epd)
Frankfurt a.M. (epd). Trommeln, Pfeifen, Flöten - fremde Töne werden am 6. März in vielen deutschen Kirchen erklingen. Frauen werden sich mit "Adorahi namoni" begrüßen. Das heißt guten Nachmittag auf Motu, eine Sprache des Inselstaats Papua-Neuguineas. Aus diesem wegen seiner üppigen Natur gepriesenen "Land der Überraschungen" mit dem Paradiesvogel im Wappen stammt in diesem Jahr die Liturgie für den Weltgebetstag der Frauen.

"Viele sind wir, doch eins in Christus" haben die Christinnen aus dem Pazifik-Land als Thema gewählt. Einheit und Vielfalt zu vereinbaren ist von besonderer Brisanz im zerklüfteten Papua-Neuguinea, dessen sehr verstreut lebende 6,3 Millionen Einwohner mehr als 800 Sprachen und viele unterschiedliche Kulturen hervorbrachten. Der Nordosten war als Kaiser-Wilhelm-Land von 1884 bis zum Ersten Weltkrieg unter deutscher Herrschaft.

Die Hausangestellte Naremeng Mainao (26) in dem Ort mit dem deutschen Namen Heldsbach ist stolz darauf, Trompete zu spielen. Sie gehört als einzige Frau zu einer siebenköpfigen Band, die bei kirchlichen Feiern auftritt. Sie leidet darunter, dass sie die Schule nach Ende der Grundschule beenden musste, damit das Schulgeld für die jüngeren Geschwister reichte: "Ich war wütend, fand das völlig ungerecht."

Ihren Traumberuf Krankenschwester konnte sie nicht ergreifen. Ein typisches Schicksal: 2005 konnte nach UN-Angaben erst die Hälfte der Frauen und Mädchen über 14 Jahren in Papua-Neuguinea lesen und schreiben. Bei den Männern waren es immerhin schon zwei Drittel. Auch das Gesundheitswesen des Landes ist rückständig. 73 von 1.000 Kindern sterben, bevor sie fünf Jahre alt werden.

Wie viele Frauen flicht Mainaos Großmutter traditionelle Tragenetze, die Bilums. Sie werden mit Lasten bis 20 Kilo auf dem Rücken und mit einem Riemen um die Stirn getragen. Auch als Hängematte für Babys sind sie nützlich. "Das Bilum ist auch Symbol für die schwere Bürde und die Kraft der Frauen, die für die Ernährung der Familie aus dem eigenen Garten und die Erziehung der Kinder zuständig sind."

"Die Frauen tragen nicht nur die Verantwortung für die Familie auf ihren Schultern, sie meistern sie auch", berichtet Katja Göbel von der kirchlichen Pazifik-Informationsstelle, die das Land bereist hat. Es war eine abenteuerliche Reise: "Die Gewalt ist sehr präsent. Sie schwebt wie eine Glocke über einem." An jeder Ecke können bewaffnete Banditen eine Straßensperre errichtet haben, um Wegezoll zu kassieren oder Schlimmeres zu tun.

Gewalt erleiden viele Frauen auch in der Familie. Misshandlungen in der Ehe werden als Kavaliersdelikt gewertet. Auf dem Hochland, wo die Clan-Chefs, die "Big Men", den Ton angeben, kommt es immer wieder auch zu Stammeskriegen, die heute nicht mehr mit Pfeil und Bogen, sondern mit modernen Schusswaffen ausgetragen werden.

Die üppige Natur der tropischen Insel versetzt Besucher in Staunen. "Es gibt nichts, was in Papua-Neuguinea nicht wächst", sagt Göbel. Doch das Leben von Selbstversorgungslandwirtschaft ist hart. Papua-Neuguineas größte Reichtümer schlummern unter der Erde. Der frühere Premierminister Julius Chan beschrieb sein Land einmal als einen Berg aus Gold, der in einem Meer aus Öl schwimmt.

"Wir sind reich und dennoch arm", sagte der 2008 verstorbene lutherische Bischof Wesley Kigasung. Denn die Gewinne aus dem Abbau von Nickel, Gold und Kupfer landen meist in der Kasse ausländischer Konzerne, während die Menschen im Land mit den Umweltzerstörung zu kämpfen haben.

"Wir beten für unsere Umwelt und die Schätze unserer Natur: Sie werden von anderen ausgebeutet, was zu viel Leid und zu unserem Überlebenskampf geführt hat", beten deshalb die Frauen in Papua-Neuguinea: "Die Armut hat uns immer mehr im Griff." Der frühere Finanzminister Bart Philemon macht auch die ausufernde Korruption für Armut und Rückständigkeit verantwortlich. Er schimpft auf die riesige Bürokratie: "Die ist wie Löschpapier und saugt alles auf."

Auf der Insel Bougainville hatte der Kupfer-Bergbau 1988 einen bewaffneten Aufstand ausgelöst. Es war eine Initiative von Frauen, die Friedensgespräche vermittelte, und schließlich 1998 zu einem Waffenstillstand und zu Autonomieregelungen führte. Dabei sind Frauen in der Politik kaum vertreten. Die Carol Kidu, Einwanderin aus Australien und Witwe eines Papua, ist die einzige Frau unter den 109 Abgeordneten - und die erste Ministerin überhaupt, zurzeit für Sport zuständig.

Sie gibt die Hoffnung nicht auf: "Ich möchte noch den Tag erleben, an dem wir eine Finanzministerin und eine Bergbauministerin haben." Auf allen Gebieten gebe es qualifizierte Frauen. Auch die Trompeterin Naremeng träumt: Sie möchte der Enge des Dorfes entfliehen und in die Stadt ziehen - und mit ihrer Band die Welt kennenlernen.

03. März 2009