Kirchen weisen auf Gefahren des Burn-out-Syndroms hin

Frankfurt a.M. (epd). Die lutherischen Landeskirchen in Deutschland machen auf die Gefahren des sogenannten Burn-out-Syndroms aufmerksam. Zu den Gründen für die Erschöpfungskrankheit zähle auch der zunehmende Leistungsdruck, dem viele im Beruf ausgesetzt seien, heißt es in der Broschüre "Stay wild statt burn out", die die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) herausgegeben hat. Auf knapp 130 Seiten beschreiben die kirchlichen Experten die Symptome der Erkrankung und zeigen Wege aus der Krise.

Für viele Menschen sei die Arbeit zum zentralen Lebensinhalt geworden, das Familien- und Privatleben gerate ins Abseits, kritisieren die Autoren. Das zeige sich auch innerhalb der Kirchen: "Gerade in Kirche und Diakonie, die nach der öffentlichen Hand die zweitgrößte Arbeitgeberin in Deutschland sind, gibt es starke Tendenzen zu selbstausbeuterischem Engagement und ausbeuterische Erwartungen an das Engagement der Mitarbeitenden zu beobachten." Nach Expertenangaben sind rund 15 Prozent der Deutschen einmal in ihrem Leben von Burn-out-Symptomen betroffen.

Um einem Burn-out entgegenzuwirken, raten die kirchlichen Seelsorge-Experten zu "Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Lebensstil". Rituale könnten helfen, den Alltag zu gestalten und vor ausufernder Arbeit schützen.

Der Leitfaden wurde vom Seelsorge-Ausschuss der Vereinigten Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) erarbeitet und erscheint im Gütersloher Verlagshaus.

Buchhinweis: "Stay wild statt burnout. Leben im Gleichgewicht." Herausgegeben von Susanne Breit-Keßler und Norbert Dennerlein. Im Auftrag der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), erarbeitet von deren Seelsorgeausschuss, Gütersloher Verlagshaus, 128 S., 6,95 Euro.

09. März 2009

Die Broschüre als pdf


Wenn dem Strahlemann die Puste ausgeht

Kirchen-Broschüre bietet Rat bei Burn-out-Syndrom

Von Rolf Stegemann (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Rosenstolz-Sänger Peter Plate hat es, Skispringer Sven Hannawald war auch betroffen und Fernsehkoch Johannes Lafer stand kurz davor - die Rede ist vom sogenannten Burn-out-Syndrom: Jenes Ausgebranntsein, das eine innere Leere hinterlässt, eine Mut- und Kraftlosigkeit, die das Leben zuweilen zur Qual macht. Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) will nun mit einer knapp 130 Seiten umfassenden Broschüre Betroffenen und Angehörigen Hilfe anbieten. Titel der Schrift: "Stay wild statt burn out".

Nach Expertenangaben sind rund 15 Prozent der Deutschen einmal in ihrem Leben von Burn-out-Symptomen betroffen. Der Erfolgsmusiker Plate ist das jüngste prominente Opfer. Tourneen, TV-Auftritte, Plattenaufnahmen und zahlreiche PR-Termine - irgendwann war der Akku des 41-Jährigen leer. Die Betroffen merken meist erst sehr spät, dass sie aus dem Tritt geraten sind, schreiben die Autoren der VELKD-Broschüre. Gerade die Engagierten, die Motivierten seien häufig von dem Erschöpfungssyndrom betroffen.

Wie Johannes Lafer: "Ich wollte immer mehr erreichen. Dabei setzt man sich selbst unter Druck", erinnert er sich an sein Seelentief. Es sei wie eine Mühle gewesen, die sich immer weiter dreht. "Eine gut funktionierende Leistungsmaschine befand sich kurz vor dem Zusammenbruch", erzählt der TV-Koch des Jahres 2006. In all den Jahren des Erfolgs habe er "sich selbst aus den Augen verloren .

Es trifft beileibe nicht nur Prominente - die Krankheit zieht sich vom Schichtarbeiter zum Chefarzt durch alle Hierarchien und Branchen. Die Warnzeichen, die Körper und Seele auf dem Weg zum Ausgebranntsein aussenden, können unterschiedlich sein: Konzentrationsschwächen, Nicht-mehr-Abschalten können, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit und auch Magen-Darmbeschwerden und Herzrhythmusstörungen gehören dazu. "Gefährdet sind vor allem diejenigen, denen es schwer fällt, `'Nein' zu sagen", heißt es dazu in der Schrift, die der Seelsorge-Ausschuss der VELKD erarbeitet hat. Die Kirchen-Experten listen mehrere Phasen auf, die die Burn-out-Erkrankung kennzeichnen: Das Engagement der Betroffenen lässt allmählich nach, depressive Gefühle von Nutz- und Freudlosigkeit nehmen zu und münden schließlich in einer inneren Leere.

Die Ursachen für Burn-outs sind auch gesellschaftlich bedingt, diagnostizieren die Seelsorger: Leistungsdruck und Arbeitsverdichtung steigen. Die Autoren sprechen von einer "Verbetrieblichung der Lebensführung": Die Arbeit wird zum zentralen Lebensinhalt. Familie, Freunde, das gesamte Privatleben werden ins Abseits abgedrängt.

Dabei zeigen sich die Mitglieder des kirchlichen Seelsorgeausschusses durchaus selbstkritisch: "Gerade in Kirche und Diakonie, die nach der öffentlichen Hand die zweitgrößte Arbeitgeberin in Deutschland sind, gibt es starke Tendenzen zu selbstausbeuterischem Engagement und ausbeuterische Erwartungen an das Engagement der Mitarbeitenden zu beobachten."

TV-Koch Lafer hat rechtzeitig die Notbremse gezogen. "Ich begann zu joggen, entdeckte die Natur wieder, lernte mich biorhythmisch zu ernähren und setzte nach und nach andere Alltagsprioritäten", beschreibt er seinen Weg zurück ins Leben.

Für eine Umkehr plädieren auch die Autoren der Broschüre und empfehlen, die Krise als Chance zu sehen: "Krise ist ein kreativer Zustand, man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen", zitieren sie den Schriftsteller Max Frisch. Für ein "Leben im Gleichgewicht", so der Untertitel der Broschüre, sei manchmal die Beratung durch Fachleute notwendig. Vor allem raten sie aber zu "Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Lebensstil". Rituale könnten helfen, den Alltag zu gestalten und vor ausufernder Arbeit schützen. Oder wie es Kochkünstler Lafer formuliert: "Lernen Sie, Ihr Leben wieder zu genießen."

09. März 2009