Medienexperten halten kirchliche Presse für unverzichtbar

Göttingen/Hannover (epd). Evangelische Kirchenzeitungen sind nach Ansicht von Medienexperten trotz zurückgehender Leserzahlen unverzichtbar. Sie seien jedoch nur zukunftsfähig, wenn die kirchlichen Presseverbände als Herausgeber stärker zusammenarbeiteten, um sich die Kosten und das Risiko zu teilen, sagte der Geschäftsführer des hannoverschen Lutherischen Verlagshauses, Christof Vetter, am Donnerstagabend in Göttingen. Auch der Medienforscher Professor Roland Rosenstock von der Universität Greifswald sagte, die Möglichkeiten von Kooperationen seien noch längst nicht ausgeschöpft.

Die Kirchengebietspresse werde für die innerkirchliche Demokratie gebraucht, sagte Rosenstock bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Kirchliche Presse zwischen kritischem Journalismus und Eigenwerbung". Die Menschen identifizierten sich mit der Region, in der sie lebte. "Die Kirchenzeitungen kümmern sich auch um den Kirchturm vor Ort", sagte Rosenstock. Die Kirchenpresse müsse ihre Chance nutzen und sich auf ihre Zielgruppe einstellen, der älteren Leser ab 55 Jahre. "Wir werden kein kirchliches Medium erfinden können, das alle Menschen zwischen sechs und 90 Jahren erreicht", ergänzte Vetter.

Die Kirchenpresse brauche auch die Unterstützung der Pfarrerschaft, sagte Vetter, der selbst Pastor und Journalist ist: "Pastorinnen und Pastoren, die auf die Kirchengebietspresse schimpfen, haben nicht begriffen, was ihnen damit wegbricht." Zum Beispiel sei der kirchliche Buchmarkt durch das gemeinsame Marketing eng mit den Kirchenzeitungen verknüpft. Auch wenn sich mancher Theologe durch die Inhalte der Kirchenpresse nicht selbst angesprochen fühle, gebe es Gemeindemitglieder, die dies anders empfänden, sagte Vetter. Bei einer Auflage von rund 18.000 Exemplaren werde die in Hannover erscheinende "Evangelische Zeitung" (EZ) immer noch von 60.000 bis 70.000 Menschen gelesen, erläuterte Rosenstock.

Einig waren sich die Referenten auch darüber, dass die Kirchenzeitungen eine gesicherte Finanzierung brauchten. "Es ist ein großes Problem, wenn die Synoden Jahr für Jahr erneut über die Zuschüsse diskutieren und damit auch immer wieder die Zukunft der Zeitungen infrage stellen", betonte Rosenstock. Für Leser seien diese Debatten abschreckend. Alle kirchlichen Publikationen seien auf Subventionen angewiesen.

Vetter sagte auf Nachfrage, dass es nach sieben Jahren "Diskussion und Zweifel" über die Zukunft der EZ in den drei Landessynoden von Braunschweig, Hannover und Oldenburg sowie der gemeinsamen Konföderationssynode wieder Chancen für das Blatt gebe. Nachdem das Aus für die Zeitung bereits besiegelt schien, werde derzeit über neue Wege über das Jahr 2009 hinaus verhandelt.

20. März 2009