"Jetzt muss eine neue Gemeinschaft wachsen"

Synoden der Landeskirchen von Pommern, Mecklenburg und Nordelbien stimmen für gemeinsame Nordkirche

Rendsburg (epd). Am Ende war es ziemlich knapp, vor allem in Mecklenburg. Mit 39 Ja- und 17 Nein-Stimmen erreichte der Fusionsvertrag für die Nordkirche in der Synode in Plau am See nur eine Stimme mehr als für die Zwei-Drittel-Mehrheit unbedingt gebraucht wurde. In Nordelbien (102 Ja, 26 Nein) und Pommern (44 Ja, 13 Nein) fiel die Zustimmung etwas deutlicher aus. Am Ende zählte aber für alle nur das Ergebnis: Bis 2012 wird in Norddeutschland die erste evangelische Landeskirche mit Gebieten in Ost- und Westdeutschland entstehen.

Die Erleichterung war dem Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich anzusehen, als Synodenpräsident Thomas Baum das Ergebnis des nordelbischen Kirchenparlaments in Rendsburg verkündete. "Jetzt muss eine Gemeinschaft wachsen", sagte Ulrich. In der Nacht vor der Abstimmung habe er kaum geschlafen, so aufgewühlt und angespannt sei er gewesen, gab der Bischof zu. Am Freitagabend hatte die Synode das Zustimmungsgesetz zum Fusionsgesetz zwar in erster Lesung passieren lassen, die für die zweite Abstimmung nötige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde aber noch deutlich verpasst.

Zankapfel waren unter anderem Standortfragen. Die nordelbische Synode sprach sich erneut für Hamburg statt wie im Vertrag vorgesehen Schwerin als Sitz des Landesbischofs aus. Das wiederum sorgte für erheblichen Unmut in Mecklenburg. Der Beschluss der Nordelbier habe das Vertrauen wesentlich gestört, sagte der Rostocker Theologe Hermann Michael Niemann. Der Synodale Lutz Decker erklärte gar, alles, was Mecklenburg erreicht habe, sei "ein Scheinsieg, der für die Zukunft nichts wert ist". Landesbischof Andreas von Maltzahn versuchte zu beschwichtigen. Der Fusionsvertrag sei bindend. Er gehe davon aus, dass Schwerin Sitz des Landesbischofs sein werde.

Der pommerschen Landeskirche fiel die Entscheidung für die Fusion wohl ebenfalls nicht leicht. Auch wenn den meisten Synodalen im Tagungsort Züssow wohl klar war, dass es für ihre kleine Landeskirche mit ihren nicht einmal 100.000 Mitgliedern sehr schwer geworden wäre, langfristig selbstständig zu überleben. "Kopf und Bauch sind nicht in Übereinstimmung", sagte denn auch die Greifswalder Synodale Elke König. "Ich habe meine pommersche Kirche sehr geliebt." Und dennoch sei sie nun auf dem Weg, ein "mögendes Verhältnis" zur Nordkirche zu entwickeln.

Bischof Hans-Jürgen Abromeit zeigte Verständnis für die Empfindungen seiner Synodalen. Er verwies aber auch auf die Aussagen seines Kollegen Bischof Ulrich, der mit den Worten "wir hatten einen langen Anlauf, nun müssen wir auch springen" für die Nordkirche geworben hatte. "Ein Sprung wird nicht besser, wenn man noch länger läuft", fügte Abromeit dem hinzu. Und tatsächlich war der Anlauf schon lang. Sechs Jahre hatte sich die pommersche Kirche immer wieder mit dem Thema Fusion beschäftigt und zwischenzeitlich sogar über ein Zusammengehen mit der Berlin-Brandenburgischen Kirche nachgedacht. Nun wird es also die Nordkirche.

Diese reicht künftig entlang der Ostsee von der dänischen bis zur polnischen Grenze und wird rund 2,4 Millionen evangelische Christen vereinen. Neben Schwerin als Bischofssitz wird Kiel als Sitz des gemeinsamen Kirchenamtes eine wichtige Bedeutung für die Nordkirche einnehmen. Die Zahl der evangelischen Landeskirchen in Deutschland wird sich mit der Nordkirche von derzeit 22 auf 20 verringern. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, lobte denn auch, die drei Landeskirchen hätten ein "weiteres deutliches Zeichen für die Reformfähigkeit des deutschen Protestantismus" gesetzt.

Bis zur Fusion 2012 sind nun noch einige Hürden aus dem Weg zu räumen. Eine gemeinsame Verfassung muss ausgearbeitet werden. Zu klären ist unter anderem auch, wie die Mitarbeiter der Nordkirche bezahlt werden. Bischof Ulrich kündigte an, dass in baldigen Gesprächen mit den Kirchenleitungen dafür geworben werde, für alle angestellten kirchlichen Mitarbeiter die Möglichkeit von gewerkschaftsbeteiligten Tarifverträgen anzupeilen. Während dies in Nordelbien Praxis ist, sitzen sich in den beiden östlichen Kirchen noch Arbeitnehmer und spezielle Kommissionen ohne Gewerkschaften gegenüber.

Wichtige Überzeugungsarbeit müssen die Landeskirchen auch noch an der Basis leisten. Wichtig seien Begegnungen zwischen den drei Kirchen, ihren Synodalen und den Kirchengemeinden, sagte der Mecklenburger Synodale Hartwig Kiesow. Bischof Ulrich ist da voller Zuversicht: "Lassen Sie uns den weiten Raum betreten, den Gott für uns bereit hält."

30. März 2009