Merkel: Verantwortung für Freiheit übernehmen

Bremen (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zu mehr Engagement für Freiheit und Demokratie aufgerufen. "Freiheit muss gelebt werden. Jeder Einzelne muss sich darauf einlassen und daran Mitwirken", forderte Merkel am Donnerstag in einer Gesprächsrunde beim evangelischen Kirchentag in Bremen mit dem britischen Historiker und Deutschland-Experten Timothy Garton Ash zum Thema "Menschenwürde und Demokratie".

Wesentlicher Bestandteil von Demokratie seien das Einstehen für die eigene Überzeugung und Kompromissbereitschaft, sagte Merkel. Sie rief dazu auf, sich in Vereinen und Initiativen starkzumachen. Zur Demokratie gehöre auch die Toleranz. Deren Grenzen seien jedoch im Grundgesetz mit dem Recht auf Menschenwürde klar definiert. Sie forderte eine "Intoleranz gegen Extremismus". Die Bundesrepublik übernehme auch europa- und weltweit Verantwortung für die Demokratie. Die Bundeswehreinsätze etwa in Afghanistan oder der somalischen Küste zeugten davon.

Die Kanzlerin warnte vor einer Glorifizierung scheinbarer Errungenschaften der DDR. Zwar habe es im Osten genug Kindergartenplätze gegeben, doch seien die Kinder dort regelrecht zu Feinden des Westens erzogen worden. "Solche Kindergärten möchte ich nicht mehr haben", sagte sie. Die Systeme seien zu unterschiedlich gewesen, um sie eins zu eins vergleichen zu können.

Menschliches Leben sei auch in der DDR mehr als nur Staat gewesen, betonte Merkel. Wer nicht in Konflikt mit dem politischen System gekommen sei, habe keine Probleme gehabt. "Aber wenn die Freiheit zu stark in Anspruch genommen wurde, war alle Freiheit schnell beendet", sagte die Kanzlerin. Zur Frage der Vergangenheitsbewältigung sagte sie: "Wer noch nicht darüber weg ist, soll noch mehr darüber sprechen. Wer darüber weg ist, soll's lassen."

Garton Ash bezeichnete das bundesdeutsche politische System als eines der besten weltweit. Grund dafür sei die Aufarbeitung der Nazi- und DDR-Vergangenheit und das daraus erwachsene Engagement der Zivilgesellschaft. Der Historiker warnte vor der Kraft des Faktischen, die schnell zur Gewohnheit werden könne: "Die friedliche Revolution von 1989 in der DDR hat gezeigt, wie der normale Mensch Geschichte machen kann."

Nach Ansicht des Wissenschaftlers ist die Rede- und Meinungsfreiheit derzeit weltweit von extremistischen Terroristen bedroht. In einer liberalen Demokratie müsse zwar alles gesagt werden dürfen, doch sollten die Menschen extremistischen Ansichten entgegenstellen und den Konflikt öffentlich austragen.

21. Mai 2009

Deutscher Evangelischer Kirchentag (DEKT)