Dankgottesdienst zum 60-jährigen Bestehen der Bundesrepublik

Berlin (epd). Die Spitzen des Staates haben am Freitag mit einem festlichen Dankgottesdienst im Berliner Dom das 60-jährige Bestehen der Bundesrepublik Deutschland gefeiert. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, sagte, das Grundgesetz, das vor 60 Jahren verkündet worden war, bewähre sich seit dem Fall der Mauer für ganz Deutschland. Die Verfassung knüpfe an das christliche Menschenbild an, biete aber allen Bürgern eine Heimstatt.

"Wir danken Gott für eine gute Verfassung", sagte Huber. Doch Gottesdienst werde nicht dem Grundgesetz zu Ehren gefeiert, sondern "allein Gott zur Ehre", betonte er. Die Kirchen stünden in kritischer Solidarität zum Staat und sähen ihre Aufgabe auch darin, den politisch Verantwortlichen beizustehen. Zahlreiche Wahlen und die Folgen der Wirtschaftskrise machten dieses Jahr zu einem strapaziösen Jahr, sagte Huber. Dies gelte auch für die Bevölkerung. Viele Menschen bangten um ihre Arbeit und sorgten sich um die Versorgung ihrer Familie.

Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, sagte in seiner Predigt, die doppelte Verantwortung vor Gott und den Menschen, die in der Präambel des Grundgesetzes formuliert ist, habe in den vergangenen sechs Jahrzehnten gute Früchte getragen: "Das erfüllt uns mit großer Dankbarkeit." Wo diese doppelte Verantwortung aufgekündigt werde, werde die Bahn frei für den diktatorischen Zugriff auf Menschen, für Willkür und Belieben.

Die Betonung von Freiheit und Menschenwürde im Grundgesetz als Konsequenz aus der Nazidiktatur erfüllten ihn daher bis heute mit großer Dankbarkeit, sagte Zollitsch. "Rassenwahn, Pogrome, Unterdrückung der Meinungsfreiheit und Akzeptanz von Gewalt haben in unserer Gesellschaft keinen Platz". Die Achtung der Menschenrechte und die Anerkennung der Menschenwürde wurzelten nach jüdisch-christlicher Überzeugung in der Gottesebenbildlichkeit des Menschen, erklärte Zollitsch.

Zu feiern seien neben der Geburtsstunde der Bundesrepublik zwei weitere Einigungsprozesse, die Wiedervereinigung Deutschlands und die Einigung Europas, sagte der Erzbischof. Es sei gelungen, Mauern einstürzen zu lassen und Gräben zu überwinden, "auch wenn zur Vollendung beider Einigungsprozesse wohl noch ein großes Stück Arbeit vor uns liegt". Wenn Deutschland den Geist des Grundgesetzes weiter beherzige, werde aber "der Weg des deutschen Volkes gerecht, friedlich und zuverlässig sein".

An dem ökumenischen Gottesdienst nahmen Bundespräsident Horst Köhler, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teil, der gegenwärtige Bundesratspräsident und saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, die Bundesminister, die Ministerpräsidenten der Länder, Diplomaten und frühere Bundespolitiker. Insgesamt besuchten fast eintausend Menschen den Gottesdienst. Politiker übernahmen liturgische Aufgaben. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker las das Evangelium. Der Gottesdienst wurde auf eine Großleinwand übertragen.

Anlässlich der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai vor 60 Jahren in Bonn war am Freitagmittag in Berlin ein Staatsakt geplant. Am Samstag wird das 60-jährige Bestehen der Bundesrepublik Deutschland in Berlin mit einem Bürgerfest gefeiert. Das ganze Jahr über finden bundesweit Veranstaltungen und Ausstellungen zu 60 Jahren Bundesrepublik und 20 Jahren Mauerfall statt.

22. Mai 2009