EKD-Beauftragte: Kirche braucht "neue Kultur der Aufmerksamkeit"

Berlin (epd). Die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, hat zu einer neuen "Kultur der Aufmerksamkeit" in der Kirche aufgerufen. Es brauche "Predigtkunst" und "Achtsamkeit im Umgang mit religiösen Räumen und Zeichen", statt sich nur dem schnellen Tempo und dem "Dauergerede" der Zeit anzupassen, sagte Bahr am Mittwochabend im Berliner Dom zum Start einer Vortragsreihe zur Barmer Theologischen Erklärung von 1934. Bahr sprach dabei über die "Kirche des Wortes und die Macht der Bilder".

Die Kulturbeauftragte sagte weiter, gerade über die Kraft seiner Inszenierungen und den Erfolg seiner Bilder sei der Nationalsozialismus so erfolgreich gewesen. Damit habe das menschenverachtende Regime auch unter Christen viele Anhänger gefunden. Mit der "Mythisierung der Politik" sei der Nationalsozialismus erfolgreich nahe an die Religion herangerückt.

Die evangelischen Christen, die sich am 31. Mai 1934 mit der Barmer Erklärung von der Weltanschauung der Nationalsozialisten absetzten, hätten diese "ins Bild gesetzte politische Theologie" als "Konkurrenz zum einen Wort Gottes" entlarvt, führte Bahr aus. Mit der Berufung auf dieses "eine Wort" sei es auch um die Abwehr der "mächtigen Erlösungsbilder und Heilshoffnungen" der Nationalsozialisten gegangen.

Aktuell leide die Gesellschaft nicht unter solchen totalitären Bildern, sondern eher unter einer Inflation der Bilder, die alles relativierten und zu Bedeutungslosigkeit verkommen ließen, ergänzte die Kulturbeauftragte. Es gebe aber "individuelle Totalisierungen" oder "Wohnzimmerdiktaturen", etwa wenn Jugendliche in virtuellen Welten gefangen seien oder der Tagesablauf älterer Menschen durch Fernsehserien bestimmt werde. Diese Herrscher blieben anonym und erzeugten doch große Unfreiheiten, sagte Bahr. Daher brauche es auch heute noch Menschen mit theologischer Urteilskraft, die klare Antworten geben, "wenn es um die Macht und Ohnmacht der Bilder geht".

Unter dem Motto "Begründete Freiheit" sind bis Anfang Oktober noch fünf weitere Veranstaltungen mit prominenten Theologen geplant, darunter dem EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber. Die maßgeblich vom Schweizer reformierten Theologen Karl Barth (1886-1968) verfassten sechs Barmer Thesen gelten als bleibende Orientierung für den Auftrag der Kirche, besonders für ihre Verantwortung in Gesellschaft und Politik. In einigen evangelischen Landeskirchen wird der Barmer Theologischen Erklärung der Rang eines Bekenntnisses zuerkannt.

11. Juni 2009

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