Johannisempfang der EKD mit Köhler und Merkel

Bischof Huber fordert ethische Neuorientierung in Finanzkrise

Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat angesichts der Finanzkrise eine ethische Neuorientierung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gefordert. "Heute brauchen wir nicht nur einen Konjunkturaufschwung, sondern auch einen Werteaufschwung", sagte er am Donnerstagabend beim traditionellen Johannisempfang der EKD in Berlin. Zuvor hatte der Rat der EKD sein neues "Wort zur globalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise" vorgestellt.

Unter den Gästen aus Politik und Gesellschaft befanden sich neben Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch die Bundesminister Frank-Walter Steinmeier, Wolfgang Tiefensee (beide SPD), Wolfgang Schäuble, Annette Schavan und Franz-Josef Jung (alle CDU) sowie vier Bundestagsvizepräsidenten, darunter die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt. Auch Würdenträger der katholischen Kirche und der Orthodoxen sowie Ayuub Axel Köhler vom Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland waren vertreten.

Durch die Mauern des Weltwirtschaftssystems gehe ein "moralischer Riss", sagte Huber. Durch unverantwortliches Handeln in Politik und Wirtschaft sei dieser inzwischen so verbreitert, dass das System in seiner Stabilität gefährdet sei. Es sei aber noch Zeit zur Umkehr zu einem nachhaltigen Wirtschaften und einer neuen Balance von Gemeinwohl und Eigennutz.

Der Rat des EKD bestärke politische Initiativen, mit denen Maßstäbe nachhaltigen Wirtschaftens international verbindlich gemacht werden sollen, ergänzte der Ratsvorsitzende. Er setze sich auch dafür ein, dass die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft wieder ernst genommen würden: "Uns steht eine (Welt)-Gesellschaft vor Augen, die die Verbesserung der Situation ihrer ärmsten und schwächsten Mitglieder zu ihrer vorrangigen Aufgabe macht", sagte Huber unter Beifall. Auch das Finanzsystem müsse sich in den Dienst dieser Aufgaben stellen.

Jeder Einzelne stünde dabei in der Verantwortung. Viele hätten ihre Freiheit allein im Blick auf die eigenen Individualinteressen genutzt, kritisierte Huber. Eine klare ethische Verantwortung liege aber auch auf der Ebene der Unternehmen und der Politik. Schließlich müsse sich auch die gesellschaftliche Mentalität ändern, ergänzte er: "Die Verlockung des schnellen Geldes war eine der Ursachen für diese Krise."

03. Juli 2009

Rede des EKD-Ratsvorsitzenden beim Johannisempfang

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