Trauerfeier für getötete Ägypterin in Dresden

Botschafter: Täter schnell verurteilen - Bischof Huber beklagt erschreckenden Fremdenhass

Dresden (epd). Mit einer Trauerfeier haben in Dresden rund 1.500 Menschen an die im Gerichtssaal getötete Ägypterin Marwa El Sherbini erinnert. Zum Zeichen ihrer Anteilnahme legten sie auf der Freitreppe vor dem Rathaus weiße Rosen nieder. Auch der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering sowie Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) nahmen am Samstag an der Trauerfeier teil. Der Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber äußerte sich erschüttert und beklagte einen erschreckenden Fremdenhass.

Die 31-jährige Ägypterin war am 1. Juli im Dresdner Landgericht von einem Russlanddeutschen während einer Verhandlung erstochen worden. Bei dem Angriff wurde auch ihr Ehemann schwer verletzt. Der 28-jährige Täter wurde wegen Mordes festgenommen. Muslimische und säkulare Ausländerverbände stritten am Wochenende über das Ausmaß von Islamfeindlichkeit in Deutschland und politische Konsequenzen aus dem Mordfall.

Bischof Huber sprach den Hinterbliebenen sein Mitgefühl aus. "Fremdenhass und Religionskonflikt zeigen hier ihr erschreckendes Antlitz", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland am Sonntag in einem Gottesdienst in der Dresdener Frauenkirche. Das Leben und die Würde eines Menschen seien unantastbar, unabhängig von Herkunft oder Glauben.

Der ägyptische Botschafter Ramzy Ezzeldin Ramzy bezeichnete den Mord bei der Trauerfeier als "verbrecherische Einzeltat". Marwa sei "Opfer des blinden Hasses und des Fanatismus" geworden. Der Botschafter forderte eine schnellstmögliche Verurteilung des Täters. Er vertraue auf die deutsche Regierung, dass sie keine Mühe scheue und ihrer Verantwortung gerecht werde.

Der Generalsekretär des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, nannte den Mord einen schlimmen Höhepunkt der Islamfeindlichkeit, die es seit Jahren in Deutschland gebe. Es gelte, "die uneingeschränkte Freiheit des Glaubens zu verteidigen". Deutschland sei nicht islamfeindlich, es gebe aber islamfeindliche Auswüchse in der Gesellschaft, die bekämpft werden müssten.

Weiter sagte Mazyek, es sei eine "wichtige große Geste" gewesen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Tat als rassistischen Mord verurteilt habe. Im Berliner "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe) hatte er zuvor die Bundeskanzlerin aufgefordert, nach der Tat von Dresden auf die Muslime in Deutschland zuzugehen: "Denn Islamphobie, versteckt oder offen, existiert in unserem Land leider bereits seit längerem."

Der Kölner Zentralrat der Ex-Muslime warnte islamische Verbände indes davor, den Tod der jungen Ägypterin politisch zu instrumentalisieren. Die schreckliche Bluttat gebe keiner islamischen Organisation das Recht, "daraus politischen Nutzen zu ziehen und Islamkritikern einen Maulkorb zu verpassen", sagte der Vorsitzende Mina Ahadi der "Leipziger Volkszeitung" (Montagsausgabe). Es gebe auch keine Anzeichen für eine Islamphobie. Ahadi rief die Bundesregierung auf, nicht mit falschen Zugeständnissen einem radikalen Islamismus Vorschub leiste.

Den Angaben zufolge war Sherbinis Kopftuch der Anlass für die islamfeindlichen Beleidigungen. Nach der Tat hatten muslimische Verbände die Bundesregierung zunächst für ihre zurückhaltende Reaktion kritisiert. Die Regierung wiederum hatte auf die zunächst unklare Sachlage verwiesen.

Das Dresdner Landgericht hatte gegen den 28-Jährigen wegen Beleidigung der jungen Frau in einem Berufungsverfahren verhandelt. Er hatte die Ägypterin auf einem Spielplatz als "Schlampe", "Islamistin" und "Terroristin" bezeichnet und war deshalb angezeigt worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Dresden ist er ein "fanatischer Ausländerfeind".

Marwa El Sherbini stammt aus Alexandria, wo künftig eine nach ihr benannte Straße an sie erinnern wird. Die Apothekerin war Mutter eines dreijährigen Kindes und im dritten Monat schwanger. Ihr Ehemann arbeitet als Genforscher in einem Dresdner Max-Planck-Institut an seiner Promotion.

13. Juli 2009

Die Predigt des EKD-Ratsvorsitzenden in der Frauenkirche Dresden