Lebendige Kirchen in Lyon - Der Europäische Dachverband KEK will sich erneuern

Ende der Vollversammlung

Von Jan Dirk Herbermann (epd)
Lyon (epd). Sie war schon etwas in die Jahre gekommen, und sie suchte noch immer ihren Platz im neuen Kontinent: Die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) mit ihren 126 orthodoxen, protestantischen, anglikanischen und altkatholischen Mitgliedskirchen. 50 Jahre nach ihrer Gründung trafen sich rund 300 Delegierte des europäischen Verbandes in Lyon zur Geburtstagsfeier und zur Vollversammlung, am Dienstag reisten die Kirchenrepräsentanten ab.

In Lyon wirkte die KEK munter und lebendig, fast so wie zur ihrer Hochzeit im Kalten Krieg, als sie ein Forum für Kirchen aus Ost und West bot. Gemeinsam wagten die Mitglieder in der französischen Stadt einen wichtigen Schritt in Richtung einer erneuerten KEK. Der Generalsekretär des Bundes, Collin Williams, lobte ausdrücklich die "stimulierende" Rolle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in dem Prozess.

Die Deutschen hatten einen umfassenden Antrag zur KEK-Modernisierung eingebracht. Damit reagierte die EKD auf die immer lauter werdende Kritik an dem Verband und seinen Büros in Genf, Brüssel und Straßburg: Die KEK sei zu langsam, zu bürokratisch, zu ineffizient, man verzettele sich.

"Unser Anliegen ist es, in der Europäischen Union und in ganz Europa, das Zeugnis der Kirchen in der kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklung wirkungsvoll hörbar zu machen", sagte EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte. Zugleich müsse der theologische und ethische Diskurs vertieft werden und der Raum für gemeinsame spirituelle Erfahrungen erweitert werden. Wie die EKD pochten vor allem orthodoxe Kirche auf Tempo bei der Reform.

Erzbischof Anastasios von Tirana von der orthodoxen Kirche Albaniens betonte. "Ein Schiff, das dauernd repariert wird, kann nicht fahren." Metropolit Gennadios von Sassima (Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel) stimmte dem zu: "Wir brauchen einen grundlegenden Umbau der KEK - und wir brauchen ihn bald."

Letztlich sagten die Delegierten mit breiter Mehrheit Ja zu einer gemeinsamen Initiative der EKD und anderer protestantischer Kirchen. Im Kern sollen 15 Spezialisten ein Konzept für eine effizientere, schlankere und transparentere KEK vorlegen. Eine vorgezogene KEK-Vollversammlung wird über das Konzept im Jahre 2013 entscheiden. "Man kann nur hoffen, dass die Experten ihre Aufgabe ernst nehmen und dass sie in Ruhe für die KEK-Erneuerung arbeiten können", fasste ein Beobachter zusammen.

Vielleicht steht der KEK in Zukunft sogar der ganz große Umbau ins Haus. Denn der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., hatte sich in Lyon für eine Konferenz aller Kirchen Europas, einschließlich der katholischen Kirche, ausgesprochen. Der Patriarch gilt als Ehrenoberhaupt aller Orthodoxen - sein Wort hat auch in Rom Gewicht.

Die Initiative für eine engere institutionelle Zusammenarbeit der katholischen Kirche mit den anderen Kirchen Europas fand bei der EKD Zustimmung. "Das ist ein wichtiges Ziel, von uns aus ist es auch möglich", sagte Auslandsbischof Schindehütte. Allerdings betonten Vertreter protestantischer Kirchen: Der Heilige Stuhl müsse sein Verständnis von Kirchen klären. Nach Auffassung des Vatikans ist die katholische Kirche die einzige legitime Kirche.

Aber auch die KEK selber sollte an sich arbeiten, sagten Delegierte: Vor allem müsse sie die jetzt eingeleitete Reform vollenden, bevor man eine Konferenz aller Kirchen Europas anstrebe. Und: Die KEK müsse sich mit der russisch-orthodoxen Kirchen aussöhnen. Mit rund 100 Millionen Gläubigen ist diese die mitgliederstärkste der Kirchen des Dachverbandes.

Das Moskauer Patriarchat boykottierte die Konferenz von Lyon. Hintergrund ist ein Streit des Patriarchats von Moskau und des Patriarchats von Konstantinopel über die rechtliche Zugehörigkeit von orthodoxen Kirchen in Osteuropa. "Die Abwesenheit der russisch orthodoxen Kirche bei der Vollversammlung erfüllt uns mit tiefer Sorge", sagte der Moderator der Tagung, Bischof Irinej von der serbisch-orthodoxen Kirche. Er betonte: Die russisch-orthodoxe Kirche sei nicht aus der KEK ausgetreten. "Wir hoffen, dass es sich um eine temporäre Angelegenheit handelt."

21. Juli 2009