Bagdads Erzbischof: EU-Flüchtlingspolitik teils gefährlich für Irak

Berlin (epd). Der katholische Erzbischof von Bagdad, Jean Benjamin Sleiman, sieht die Aufnahme von Christen aus dem Irak in Europa kritisch. "Das Angebot klingt für viele wie eine Einladung, das Land zu verlassen", sagte Sleiman am Donnerstag bei einem Besuch in Berlin. Es sei aber gefährlich, eine wichtige gesellschaftliche Gruppe aus dem Land abzuziehen.

"Als Bischöfe bitten wir, zuerst den Irakern im Land zu helfen", ergänzte das Oberhaupt der katholischen Christen im Irak. Das Wichtigste sei nun, die Einheit des Landes anzustreben und dem gesamten Irak beim Wiederaufbau und der Versöhnung zu helfen. Die Christen seien als Bürger des Landes in dieser Situation nicht von den anderen Irakern zu trennen.

Zur Situation der Christen im Land sagte Sleiman, diese lebten wie in einem "Haus ohne Dach". Das Dach sei eine funktionierende Regierung. Solange das Wetter, sprich die Lage gut sei, gäbe es keine Probleme, "aber bei Regen leiden wir".

Insgesamt sei die Sicherheitslage im Irak besser geworden, ergänzte der Erzbischof. Der Widerstand gegen die irakische Regierung und die US-Truppen sei in vielen Regionen niedergeschlagen worden. Gewalt sei nicht mehr so alltäglich wie früher, "aber die Hauptprobleme des Iraks sind noch nicht gelöst".

Sleiman besuchte auf Einladung von Caritas international gemeinsam mit dem Präsidenten von Caritas Irak, Nabil Nissan, Deutschland. Nissan sagte, die Caritas sei eine der wenigen Hilfseinrichtungen, die noch effektiv im Land arbeiteten. Die Organisation engagiert sich mit rund 120 festen Mitarbeitern und 300 Freiwilligen im ganzen Land in der Nothilfe für Flüchtlinge, bei der Entwicklung und Friedensstiftung.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR haben inzwischen mehr als die Hälfte der ursprünglich 1,2 Millionen Christen aufgrund wachsender Gefahren für religiöse Minderheiten den Irak verlassen. Laut UN und der Hilfsorganisation "Kirche in Not" leben noch etwa eine halbe Million Christen im Irak.

Die europäischen Innenminister hatten sich im November zur Aufnahme von insgesamt 10.000 Irak-Flüchtlingen bereiterklärt. Deutschland will 2.500 der nach Syrien und Jordanien geflohenen Iraker aufnehmen.

23. Juli 2009