Kirche würdigt Theologen Rudolf Bultmann

Oldenburg (epd). An den vor 125 Jahren geborenen evangelischen Theologen Rudolf Bultmann hat seine Heimatkirche am Donnerstagabend mit einem Festakt erinnert. Der Forscher habe für die Freiheit der theologischen Wissenschaft gekämpft, sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Jan Janssen, laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Bultmann wurde am 20. August 1884 als Pfarrerssohn in Wiefelstede bei Oldenburg geboren. Er starb 1976 im Alter von 91 Jahren in Marburg.

Bultmann sei zu Recht der Gewohnheit und Gewissensmüdigkeit im kirchlichen Amt entgegengetreten, führte Janssen in der Oldenburger Lambertikirche aus. Mit seinem Lebenswerk habe er einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass Bildung, Freiheit, Transparenz und Kritik in Kirche und Theologie selbstverständliche Größen geworden seien.

Neben Karl Barth und Paul Tillich gehört Bultmann zu den bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts. Von 1921 bis 1951 lehrte er Neues Testament in Marburg. Der lange umstrittene Theologe setzte sich für eine "Entmythologisierung" der biblischen Schriften ein. Er habe stets Verbindung zu seiner Heimat gehalten, so die oldenburgische Kirche.

Bultmann sei stets für die "Freiheit des Denkens" eingetreten, sagte der Frankfurter Bultmann-Experte Werner Zager bei dem Festakt. Sein Grundanliegen sei die "Einheit von Glauben und Verstehen" gewesen. Bultmann habe seit 1941 versucht, das Neue Testament von seinem mythologischen Weltbild zu lösen und so für den modernen Menschen verständlich zu machen. Noch Mitte der 1950er Jahre hätten lutherische Pastoren vor seiner Lehre gewarnt.

In der NS-Zeit schloss sich Bultmann der Bekennenden Kirche und dem Pfarrernotbund an, die sich gegen den Einfluss des NS-Regimes auf die evangelische Kirche wehrten. In seinen Predigten wies er auf Widersprüche zwischen der nationalsozialistischen Ideologie und dem christlichem Glauben hin. Weil er keinen offenen Widerstand leistete, blieb er bis zu seiner Emeritierung als Theologieprofessor 1951 im Amt.

Die Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) hatte in einer Kundgebung 1953 in Bultmanns Programm der Entmythologisierung die Gefahr gesehen, "den Inhalt der Verkündigung zu vermindern oder gar zu verlieren". Diese Einschätzung sei in der VELKD "faktisch schon seit langem revidiert worden", erklärte die theologische Referentin Mareile Lasogga. Die VELKD veranstaltet vom 2. bis 4. Oktober im Theologischen Studienseminar in Pullach bei München ein Symposium zur Auseinandersetzung mit dem Denken Bultmanns.

21. August 2009