Kirchen gedenken der Opfer des Zweiten Weltkriegs

Bischof Huber mahnt Vorrang ziviler Konfliktlösungen an

Berlin (epd). Vor dem 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs haben die beiden großen Kirchen der Millionen Opfer gedacht und zur Wahrung des Friedens aufgerufen. "Die Erinnerung an den Beginn des Zweiten Weltkrieges soll und muss uns vor allem dazu aufrufen, alles zu tun, dass überall Friede bleibt oder wird", sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick am Sonntag in einem deutsch-polnischen Gedenkgottesdienst in Berlin. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, rief dazu, in den heutigen Konflikten nach zivilen und friedlichen Lösungen zu suchen.

Deutsche und polnische katholische Bischöfe feierten in der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin eine gemeinsame Messe zum Gedenken an den Kriegsbeginn am 1. September 1939. Ein solcher Gottesdienst sei ein Novum in der Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen, sagte Erzbischof Schick in seiner Einführung. Er erinnert daran, dass in der katholischen Kirche die deutsch-polnische Versöhnung 1965 mit einem Briefwechsel der Bischofskonferenzen beider Länder begonnen habe. "Die gereichten und ergriffenen Hände sollen immer ineinander bleiben", sagte der Erzbischof.

Auch der EKD-Ratsvorsitzende Huber würdigte die Bemühungen um Frieden und Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg, der vor 70 Jahren mit dem deutschen Überfall auf Polen begonnen hatte. Die Erfahrungen in Europa ermutigten dazu, in den heutigen Konflikten zivilen und friedlichen Lösungswegen klaren Vorrang zu geben, sagte Huber in einer Predigt in der St. Marienkirche in Berlin. "Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten", mahnte der Berliner Bischof.

Die Versöhnungsbemühungen von beiden Seiten nach dem Krieg seien "unschätzbare Vorstufen" gewesen "für das, was nun im gemeinsamen europäischen Haus seit 20 Jahren wachsen kann", betonte Huber. Er erinnerte an die Ostdenkschrift der EKD von 1965 und den Brief der polnischen katholischen Bischöfe aus dem gleichen Jahr. "Es wurde um Vergebung gebeten, und es wurde Vergebung gewährt. So brach sich der Geist des Friedens Bahn", so der Bischof.

Der Bischof von Tarnów, Wiktor Skworc, sagte in seiner Predigt in der St. Hedwigs-Kathedrale, Europa habe den Wert des Friedens auf eine äußert schmerzliche Weise kennengelernt, "um den Preis, Krieg erfahren zu haben". Er warnte zugleich davor, die Leiden der Kriegsopfer für heutige politische Ziele zu instrumentalisieren: "Niemand besitzt das moralische Recht zu einem solchen Vorgehen."

Skworc, der neben Schick einer der beiden Vorsitzenden der deutsch-polnischen Kontaktgruppe der katholischen Bischöfe ist, sagte, endgültig sei der Zweite Weltkrieg für die Polen und einen Teil der Deutschen erst vor 20 Jahren zu Ende gegangen. Die friedliche Revolution, die von der Gewerkschaft Solidarnosc ausgegangen sei, "hat Europa die Befreiung von den Ketten und Spaltungen des Krieges gebracht", so der Bischof.

Bereits am vergangenen Dienstag hatten die deutschen und polnischen katholischen Bischöfe in einer gemeinsamen Erklärung dazu aufgerufen, den Prozess der Versöhnung zwischen den Nachbarländern nicht durch das Schüren von Ressentiments zu gefährden. Auch wenn die Aussöhnung gute Früchte getragen habe, seien die Erfahrungen des Krieges und der Folgezeit in den deutsch-polnischen Beziehungen weiter lebendig, heißt es in dem Text der Bischofskonferenzen beider Länder.

Im Zweiten Weltkrieg, der in Europa im Mai 1945 mit der Kapitulation des Deutschen Reiches endete, starben 60 Millionen Menschen.

31. August 2009