Bundeswehr in Afghanistan: EKD-Friedensbeauftragter fordert "offene und ehrliche Bilanz"

Bremen (epd). Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, hat eine schonungslose Bilanz des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan gefordert. Er müsse durch eine unabhängige Instanz "offen und ehrlich" untersucht werden, sagte der leitende Geistliche der Bremischen Evangelischen Kirche am Dienstag in einem epd-Gespräch. Der umstrittene Luftangriff auf zwei Tanklastzüge bei Kundus unterstreiche, "dass es höchste Zeit ist für konkrete Vereinbarungen zu einem stufenweisen Abzug der Bundeswehr".

Aus der 2007 veröffentlichten Friedensdenkschrift der EKD ergäben sich Kriterien, die bei der Analyse eine Rolle spielen sollten, erläuterte Brahms. Die EKD habe militärische Interventionen aus humanitären Gründen als äußerstes Mittel nicht grundsätzlich ausgeschlossen, habe aber Grenzen dafür formuliert. Nun müssten unter anderem das Ziel des Bundeswehr-Einsatzes und die Verhältnismäßigkeit der Mittel in Verbindung mit der Aussicht auf einen Erfolg überprüft werden.

An der Bilanz sollten nach den Worten des leitenden Theologen Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE sowie international anerkannte Friedensforschungsinstitute beteiligt werden. Einen konkreten Abzugstermin für die Truppen zu nennen, ist nach Brahms Einschätzung jetzt nicht sinnvoll. Zunächst müssten die Ergebnisse der Analyse vorliegen.

Wichtig seien international aufeinander abgestimmte Schritte für ein Rückzugs-Szenario, ergänzte Brahms und kritisierte: "Eine gemeinsame Strategie gibt es derzeit nicht." Der durch einen deutschen Oberst veranlasste Nato-Luftangriff zeige erneut, wie wenig sich die Bundeswehr in Afghanistan frei bewegen könne. "Spätestens da stellt sich die Frage, ob es der Truppe überhaupt noch gelingen kann, Aufbauhilfe zu leisten oder die Bevölkerung zu schützen."

15. September 2009