Westfälischer Präses befürwortet Senderechte für andere Religionen

Jerusalem (epd). Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß, befürwortet Verkündigungssendungen auch nicht-christlicher Religionen im Rundfunk. Die Radiosender müssten ein Interesse daran haben, etwa mit muslimischen Sendungen andere Hörerschichten zu gewinnen, sagte Buß am Montagabend auf einer Podiumsdiskussion mit deutschen Auslandskorrespondenten in Jerusalem. Er verwies auf das Beispiel jüdischer Sendungen zur Eröffnung des Sabbats im WDR.

"Es muss uns auch darum gehen, Muslime herauszuholen aus Koranschulen und Hinterhöfen hin zu öffentlichen Schulen und Universitäten", betonte der Theologe in der Diskussion unter der Überschrift "Wieviel 'multikulti' verträgt eine Stadt?". Deshalb sei die evangelische Kirche für islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache und unter staatlicher Aufsicht an öffentlichen Schulen. Ebenso sollten an deutschen Universitäten Imame ausgebildet werden. "Es darf keine Hierarchisierung der Religionen geben", sagte Buß, der zurzeit mit einer Delegation der westfälischen Kirchenleitung Israel und die Palästinensergebiete bereist.

Nach Auffassung von Sebastian Engelbrecht, ARD-Hörfunkkorrespondent in Tel Aviv, sollten die Medien mehr "Brücke sein zwischen den Kulturen und Religionen". Sie sollten sich auch als Forum für Integration verstehen und mehr Zuwanderer in die Redaktionen holen, sagte er. Engelbrecht plädiert für ein islamisches "Wort zum Freitag" im Fernsehen und muslimische Morgenandachten im Radio. Die Kirche könne hier Vorreiter sein, indem sie Sendeplätze abgebe: "Die Kirche müsste Interkulti machen, indem sie auf diese Weise nicht-christlichen Religionen die Hand reicht."

Dies lehnte Buß entschieden ab. Sendezeiten seien "keine Mangelressource", betonte der leitende Theologe der viertgrößten deutschen Landeskirche. Bei den Muslimen gebe es zudem bislang das Problem, dass ein Ansprechpartner für den Staat fehle. Laut Rundfunkstaatsvertrag stehen Verkündigungssendungen nur anerkannten Religionsgemeinschaften zu.

Der "Spiegel"-Korrespondent in Jerusalem, Christoph Schult, wandte sich gegen mehr Verkündigung von Religion in den Medien etwa durch ein neues "Wort zum Freitag". "Wir brauchen stattdessen mehr Verständnis für Religion", betonte er in der Diskussion auf Einladung der westfälischen Kirche. So seien journalistische Klischees oder ein kirchenfeindlicher Ton in Berichterstattungen oft eine Folge mangelnden Wissens der Autoren. Präses Buß sieht in fehlendem Wissen über Religion und Glauben den Ausdruck eines Traditionsabbruchs, den die Kirchen als Herausforderung begreifen müssten.

Der Berliner Bischof und scheidende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hatte sich bereits vor Jahren für ein "Wort zum Freitag" für Muslime im Fernsehen ausgesprochen. Dies dürfe aber nicht zu Lasten der Kirchen gehen. Das ZDF betreibt sei über zwei Jahren ein "Forum am Freitag" als Online-Portal zu Islam-Themen. Ein ähnliches Online-Angebot unterhält der Südwestrundfunk (SWR) unter dem Titel "Islamisches Wort".

13. Oktober 2009