Lutheraner wählen neuen Generalsekretär

Genf (epd). Der Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB) soll am Donnerstag den künftigen Generalsekretär der Kirchengemeinschaft wählen. Der nächste Leiter des 140 Kirchen umfassenden Bundes werde in der zweiten Hälfte 2010 die Nachfolge von Ishmael Noko (65) aus Simbabwe antreten, teilten die Ökumene-Organisation am Dienstag in Genf mit.

Der Weltbund nannte keine Namen von Kandidaten für das Spitzenamt. Dem Rat wird ein Wahl-Vorschlag von einem Findungsausschuss unterbreitet. Die fünftägigen Beratungen des Leitungsgremiums beginnen am Donnerstag. Der Weltbund repräsentiert knapp 70 Millionen lutherische Christen.

Noko ist seit 1994 Generalsekretär. Der LWB-Rat bestätigte ihn 2004 für weitere sieben Jahre. Sein letzter großer Auftritt soll die elfte Vollversammlung der lutherischen Kirchen im Juli 2010 in Stuttgart sein.

20. Oktober 2009


Hinter verschlossenen Türen

Unmut über undurchsichtigen Nominierungsprozesses für neuen Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes

Von Jan Dirk Herbermann (epd)

Genf (epd). Er ist der Veteran unter den Führungspersönlichkeiten der internationalen Ökumene: Ishmael Noko (65), Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB) seit 1994. In der zweiten Hälfte 2010 will der Mann aus Simbabwe nach erfolgreichen Jahren sein Büro in Genf räumen. Nokos letzter großer Auftritt wird ist die elfte LWB-Vollversammlung im nächsten Juli in Stuttgart sein.

Der kommende Mann oder die kommende Frau an der Spitze des Kirchenbundes könnte schon am Donnerstag erstmals an die Öffentlichkeit treten. Bis dahin gibt es nur Spekulationen, die sich allerdings nicht an konkreten Kandidaten festmachen. Die Geheimhaltung während der Kandidatensuche ruft aber Kritiker auf den Plan: Am stärksten äußerte die einflussreiche finnische Kirchenzeitung "Kotimaa" Unmut: Der undurchsichtige Prozess passe nicht in das Zeitalter moderner Kommunikation.

Nach Drehbuch wird ein Findungsausschuss aus sieben Personen dem Rat des konfessionellen Weltbundes die Ergebnisse seiner Suche präsentieren. Der Rat versammelt sich ab Donnerstag zu einer fünftägigen Sitzung in Genf. Im Idealfall soll es nur einen Kandidaten für die Noko-Nachfolge geben. Eine Kampfabstimmung der 49 Mitglieder des Leitungsgremiums über den künftigen Generalsekretär wäre somit vermieden. "Sowohl die Präsentation des Berichts als auch die Wahl werden in geschlossener Sitzung stattfinden", heißt es in Genf.

Der gesamte Nominierungsprozess spielte sich hinter verschlossenen Türen ab. Nur wenige Eingeweihte in den Führungszirkeln der 140 Mitgliedskirchen verfügen über Informationen. Damit will der Lutherische Weltbund verhindern, dass Kandidaten beschädigt werden, die nicht zum Zuge kommen. Im nächsten Jahr steht eine weitere Personalentscheidung bei den Lutheranern an. Dann wird ein Nachfolger für Mark S. Hanson (62), Präsident des Lutherischen Weltbundes und leitender Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika, bestimmt.

Doch das Drehbuch könnte auch umgeschrieben werden: Ökumene-Kenner halten es nicht für ausgeschlossen, dass der Rat die Wahl des nächsten Generalsekretärs aufschiebt. Denn der Amtsinhaber scheidet erst in rund zwölf Monaten aus.

Die Wahl des künftigen Generalsekretärs überlagert das eigentliche Thema der Ratstagung: "Menschenwürde wahren - Stellung beziehen gegen Menschenhandel." Mit seinem Aufruf gegen Schlepperbanden und deren kriminelle Machenschaften knüpft der Weltbund an eine Reihe von Initiativen für eine bessere und gerechtere Welt an: So engagiert sich der LWB im Zeichen der globalen Wirtschaftskrise noch intensiver gegen den Hunger auf der Welt: "Trotz der großartigen technischen Errungenschaften, die dem 21. Jahrhundert zur Verfügung stehen, leidet eine Milliarde Menschen an Hunger", klagt Generalsekretär Noko. Das Streben nach dem "täglichen Brot" stelle die lutherischen Kirchen auch vor eine existenzielle spirituelle Herausforderung.

Der Weltbund prangert Missstände nicht nur an. Die Abteilung für Weltdienst unter Leitung des Deutschen Eberhard Hitzler leistet in mehr als 30 Ländern Nothilfe und langfristige Entwicklungszusammenarbeit. Mehr als 80 Prozent der LWB-Ausgaben von rund 100 Millionen US-Dollar fließen in die Abteilung Weltdienst. "Zerfallende Staaten, wiederkehrende Dürren und der Klimawandel haben Katastrophen von außergewöhnlichen Vorkommnissen zu chronischen Krisen werden lassen", erklärte Hitzler.

20. Oktober 2009