Erstmals Frau an der Spitze der EKD

Käßmann zur neuen EKD-Ratsvorsitzenden gewählt

Ulm (epd). Erstmals steht eine Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann wurde am Mittwoch bei der Synodentagung in Ulm zur neuen EKD-Ratsvorsitzenden gewählt. Die 51-Jährige folgt dem Berliner Bischof Wolfgang Huber, der mit 67 Jahren aus dem Amt scheidet. Käßmann sagte in ihrer Antrittsrede, die Sehnsucht vieler Menschen nach Glauben und Sinn könne in der Kirche eine Antwort finden.

Die hannoversche Landesbischöfin bekam 132 von 141 gültigen Stimmen und erreichte damit die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit deutlich. Fünf Stimmberechtigte votierten mit Nein, vier enthielten sich. Von diesem klaren Votum wisse sie sich berufen und getragen, sagte Käßmann, die weiterhin in Hannover auch die größte deutsche Landeskirche mit rund drei Millionen Mitgliedern leiten wird. Die Theologin bekundete ihren Respekt vor der neuen Aufgabe als Spitzenrepräsentantin von 25 Millionen Protestanten in Deutschland. Ihr Vorgänger Huber habe in der sechsjährigen Amtszeit "enorme Maßstäbe gesetzt".

Käßmann leitet seit 1999 die größte deutsche Landeskirche mit rund drei Millionen Mitgliedern. Die gebürtige Hessin promovierte über die weltweite Ökumene und arbeitete knapp 20 Jahre im Ökumenischen Rat der Kirchen mit. Bevor sie das Bischofsamt in Hannover übernahm, war Käßmann Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Die Mutter von vier Töchtern ist seit 2007 geschieden.

In der 64-jährigen Geschichte der EKD nahmen bisher zehn Männer den Ratsvorsitz ein. Nach der Wahl an die Spitze der Landeskirche vor zehn Jahren war Käßmann nach Maria Jepsen in Hamburg die zweite Frau im Bischofsamt einer deutschen Landeskirche.

Käßmann war bereits als Favoritin in die am Sonntag eröffnete Synodentagung gegangen. Nach der Ratswahl am Dienstag, bei der sie mit Abstand das beste Ergebnis erzielt hatte, galt ihre Wahl zur Vorsitzenden als sicher. Zum Stellvertreter Käßmanns wurde der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider (62), gewählt. Damit wich die EKD von der Praxis vergangener Ratsperioden ab, wonach jeweils ein leitender Geistlicher aus den ostdeutschen Landeskirchen den zweiten Spitzenposten im EKD-Rat innehatte. Zuletzt war der Thüringer Altbischof Christoph Kähler stellvertretender Vorsitzender des EKD-Rates.

"Emma"-Herausgeberin und Buchautorin Alice Schwarzer sagte nach der Wahl dem epd: "Ich gratuliere der EKD zu der Entschlossenheit, mehr als 50 Jahre nach der Ordination der ersten Pfarrerinnen endlich nicht nur eine Frau, sondern diese Frau in ihr höchstes Amt gewählt zu haben." Die hannoversche Landesbischöfin werde "keine bequeme Vorsitzende, sondern eine fordernde sein". Käßmann werde die Kirche noch stärker als bisher auf den Weg der Geschlechtergerechtigkeit lenken.

Der Rat der EKD sollte am Abend mit einem Gottesdienst eingeführt werden. Die Synodentagung endet am Donnerstag.

28. Oktober 2009

2. Tagung der 11. Synode der EKD in Ulm