Europas Kirchen ziehen positive Bilanz des Calvin-Jahrs

Frankfurt a.M. (epd). Der Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, Thomas Wipf (Bern), hat eine positive Bilanz des Calvin-Jahres 2009 gezogen. Anders als der 500. Geburtstag des Zürcher Reformators Ulrich Zwingli im Jahr 1984 sei der 500. Geburtstag des Genfer Reformators Johannes Calvin (1509-1564) in diesem Jahr international gefeiert worden, sagte Wipf am Donnerstagabend in Frankfurt am Main bei der Hauptversammlung des Reformierten Bundes in Deutschland.

Selbst in China und Argentinien habe es Veranstaltungen gegeben. Auch kirchenferne Menschen hätten sich für Calvin und seine Theologie interessieren lassen. Wipf, der auch Präsident des Rates des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes ist, hob Calvins "Theologie des Augenmaßes und des sozial kontrollierten Kapitalismus" hervor. "Er wäre sicher einer der schärfsten Kritiker des heutigen 'Heuschrecken-Kapitalismus' gewesen."

Wipf bezeichnete Calvin als den "ökumenischsten aller Reformatoren". Anders als Luther habe er in "europäischen Dimensionen" gedacht und immer die Situation von Minderheits- und Migrationskirchen im Blick gehabt. Dies habe unter anderem daran gelegen, dass Calvin selbst ein Glaubensflüchtling gewesen sei und Zeit seines Lebens die Beziehungen zu theologischen und politischen Weggefährten in Europa gepflegt habe.

Mit Blick auf Calvin müsse die Reformation als eine "Bewegung mit mehreren Strömungen" betrachtet werden, erklärte Wipf. Der "streitbare Theologe" habe immer die Einheit der Kirche als Ziel vor Augen gehabt. Eine Einheit um jeden Preis habe er jedoch nicht gewollt, er sei ein Gegner einer "Kuschelökumene" gewesen.

Nach den Angaben von Generalsekretär Jörg Schmidt erwartet der Reformierte Bund in Deutschland in diesem Jahr Mitgliedsbeiträge von mehr als 160.000 Euro. Insgesamt seien mit Zinserträgen, Spenden und Kollekten rund 240.000 Euro an Einnahmen zu erwarten. Der Bund finanziert sich zu 90 Prozent aus den Mitgliedsbeiträgen der Landeskirchen, Gemeinden und Einzelmitglieder.

Auf den Gründungsvater des reformierten Protestantismus Johannes Calvin berufen sich heute weltweit mehr als 80 Millionen reformierte Christen. Der Humanist und Theologe gilt neben Martin Luther (1483-1546) als der wichtigste Erneuerer der Kirche. Er wurde am 10. Juli 1509 in Noyon im Nordosten Frankreichs geboren und starb am 27. Mai 1564 in Genf.

Der Reformiert Bund ist der Dachverband der knapp zwei Millionen reformierten Christen in Deutschland. Ihm gehören etwa 350 Gemeinden, Gemeindeverbände und Kirchen sowie etwa 650 Einzelmitglieder an.

30. Oktober 2009