Melanchthon als Vorbild für moderne Gesellschaft gewürdigt

Bretten (epd). Der badische Altbischof Klaus Engelhardt hat den Reformator Philipp Melanchthon (1497-1560) als Vorbild für die moderne Gesellschaft gewürdigt. Sein Wirken als "Praeceptor Germaniae" (Lehrer Deutschlands), Schul- und Universitätsreformer dürfe nicht getrennt werden von seiner Rolle als Reformator der Kirche, sagte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei einem Festakt zur Eröffnung des Melanchthon-Gedenkjahres am Samstag in Bretten.

Als Philipp Schwarzerdt wurde Melanchthon am 16. Februar 1497 im badischen Bretten geboren. Zusammen mit Martin Luther war er der führende Vertreter der Reformation. Er starb am 19. April 1560 und wurde in Wittenberg neben Luther begraben. Im kommenden Jahr feiert die evangelische Kirche ein Melanchthonjahr anlässlich des 450. Todestages des Reformators.

Melanchthon sei eine der "großen Figuren, bei denen Glaube und säkulare Kultur zusammengehören, ohne dass der Glaube weichgespült oder die säkulare Kultur religiös überfremdet worden wäre", so Engelhardt. Die Reformation habe erheblich zu der von klerikalem Machtanspruch befreiten Säkularität des Staates beigetragen. Jetzt gehe es darum, Christen in die Pflicht zu nehmen, damit sie für die säkulare Gesellschaft mit ihrer Kultur Verantwortung übernehmen.

Zehn Jahre nach der Unterzeichung der Erklärung zur Rechtfertigungslehre zwischen Katholiken und Lutheranern sei es an der Zeit, nicht nur vergangene Streitfragen aufzuarbeiten, sondern gemeinsam den Menschen die Botschaft Gottes weiterzusagen, forderte Engelhardt, der von 1991 bis 1997 EKD-Ratsvorsitzender war.

Toleranz sei eine der großen Herausforderungen in "unserer oft intoleranten Gesellschaft" geblieben, sagte Engelhardt. Es sei intolerant, Muslime pauschal als aggressive, fundamentalistische Islamisten anzusehen, oder den Islam auf eine politische Ideologie zu reduzieren. Umgekehrt sei es intolerant von Muslimen, das Christentum auf die mittelalterlichen Kreuzzüge zu reduzieren, so der frühere EKD-Ratsvorsitzende.

31. Oktober 2009