EKD-Ratsvorsitzende Käßmann: Medien sollen Privatsphäre achten

Hannover (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat an die Medien appelliert, die Privatsphäre der Menschen zu achten. Es gehe zu weit, wenn etwa Leserreporter von Zeitungen heimlich Fotos von Prominenten schössen oder Gäste in Nachmittagstalkshows persönliche Details preisgäben, sagte die hannoversche Landesbischöfin am Montag bei einer Fachtagung ihrer Landeskirche in Hannover: "Da werden Schamgrenzen überschritten." Nicht alles müsse ans Licht der Öffentlichkeit.

Mit Blick auf ihr neues Amt an der Spitze der EKD sagte Käßmann: "Mir wird ein bisschen mulmig, wenn ich bedenke, dass alles, was ich sage, auf die Goldwaage gelegt wird." Zugleich plädierte sie dafür, in einzelnen Fällen auch vermeintliche Mediengesetze zu durchbrechen. So müsse in einem Fernseh-Gottesdienst auch einmal 15 Minuten gepredigt werden dürfen, weil dies zur evangelischen Kirche gehöre: "Wir dürfen nicht alles kurz und knackig machen." Ein Fernseh-Team hatte am Reformationstag Käßmanns Predigt auf sieben Minuten beschränkt.

Der Journalist Matthias Kamann von der Tageszeitung "Die Welt" sagte, die Kirche werde es in Zukunft schwerer haben, die Rolle einer politischen Mahnerin in den Medien zu spielen. Kirchliche Äußerungen seien eher grundsätzlich als aktuell und nutzten sich durch ständige Wiederholung ab. "Soziales Engagement beweist die Kirche nicht durch Interviews, sondern dadurch, dass sie es vorlebt", sagte Kamann. Er riet der Kirche, glaubwürdige diakonische Arbeit zu tun. Dies werde am Ende auch in die Medien ausstrahlen.

Der Chefredakteur des Evangelischen Pressedienstes (epd), Thomas Schiller, sagte bei der Tagung, die Kirche habe in den vergangenen fünf Jahren wieder mehr öffentliches Gehör gefunden, weil sie klar mit bestimmten Gesichtern verbunden werde. Schiller warnte die Kirche jedoch, hinter Trends her zu laufen: "Die Medien schreiben Trends und Stars hoch, sie können aber genauso Trends wieder kaputt- und Stars niederschreiben", sagte er: "Wir brauchen keine Stars, wir brauchen Persönlichkeiten."

02. November 2009