Käßmann regt Gedenktag für im Krieg vergewaltigte Frauen an

Hannover (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat sich dafür ausgesprochen, am Volkstrauertag im November offiziell an in Kriegen vergewaltigte Frauen zu erinnern. "Am Volkstrauertag sollten wir nicht nur der toten Soldaten und Widerstandskämpfer gedenken, sondern auch der Frauen, die in Kriegen sexuell missbraucht wurden", sagte die hannoversche Landesbischöfin am Montagabend bei einem Podiumsgespräch mit der alternativen Nobelpreisträgerin Monika Hauser in Hannover. In diesem Jahr fällt der Volkstrauertag auf den 15. November.

Die Gynäkologin Hauser ist die Gründerin der Kölner Hilfsorganisation "medica mondiale", die sich seit dem Bosnienkrieg Anfang der 90er Jahre weltweit um die Opfer sexueller Kriegshandlungen kümmert. Nach ihrem Einsatz für die bosnischen Frauen, die Opfer von Massenvergewaltigungen wurden, habe sie immer mehr Zuschriften auch von älteren deutschen Frauen erhalten, sagte sie. Hunderttausende seien im zweiten Weltkrieg vergewaltigt worden, ein Großteil habe bis ins hohe Alter aus Scham darüber geschwiegen.

Hauser kritisierte, dass das Schicksal dieser Frauen bis heute öffentlich und offiziell ignoriert werde: "Die Betroffenen haben weder Anerkennung noch Entschädigung für die ihnen widerfahrene Gewalt bekommen." Dabei sei die Liste der Opfer lang. Sie reiche von jüdischen und Roma-Frauen in den Konzentrationslagern über Widerstandskämpferinnen bis zu denjenigen, die bei Kriegsende von alliierten Soldaten vergewaltigt worden seien.

Viele litten noch immer unter chronischen Krankheiten und Depressionen. Deshalb habe sie 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges vor vier Jahren die Kampagne "Zeit zu sprechen" ins Leben gerufen. Ziel sei es, das Leiden der Frauen endlich öffentlich anzuerkennen und sie tatkräftig zu unterstützen, betonte Hauser.

Käßmann sagte, die nicht bearbeiteten Traumata könnten in den kommenden Jahren zu einem großen Problem werden: "Es ist erschreckend, dass heute in vielen Alten- und Pflegeheimen Frauen leben, die ihr Schicksal ihr Leben lang verdrängt und verschwiegen haben." Bei den Pflegekräften gebe es darüber in erster Linie Unkenntnis.

10. November 2009

Hilfsorganisation "medica mondiale"