Bischöfe: Gesellschaft braucht den Bußtag

Appell zur Neuorientierung

Frankfurt a.M./Stuttgart (epd). Evangelische Bischöfe haben zum Buß- und Bettag an diesem Mittwoch zur Neuorientierung ermutigt. Die internationale Politik sei in ihrem Handeln auch auf eine spirituelle und ethische Dimension angewiesen, sagte der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, am Dienstag in Stuttgart dem epd. Dem kurhessischen Bischof Martin Hein zufolge bieten das biblische Gebot der Nächstenliebe und die Zehn Gebote eine verlässliche Orientierung.

Angesichts der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt fordern der rheinische Präses Nikolaus Schneider und der Trierer Bischof Stephan Ackermann die Bundesregierung zum Schutz der Schwächsten auf. Im politischen Krisenmanagement müsse dem Sozialen wieder größere Bedeutung zukommen, hieß es in einer Erklärung der beiden leitenden Theologen zum Buß- und Bettag an diesem Mittwoch.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Trierer katholische Bischof warnten vor einer Gefährdung des sozialen Friedens in Deutschland. "Wir müssen zu einem neuen Gleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernissen kommen". Wenn das gelinge, sei es möglich, "im Geist der Sozialen Marktwirtschaft die Krise zu überwinden".

Bischof July warnte davor, den Bußtag dazu zu verwenden, um zuerst mit dem Finger auf andere zu zeigen. "Der Tag gibt Gelegenheit, den eigenen blinden Fleck im Leben zu suchen", betonte July. Dadurch könne der Mensch sein Maß wieder finden und der Maßlosigkeit wehren.

Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Hein (Kassel), fügte hinzu, es sei die "große christliche Verheißung", dass jeder mit seiner Schuld zu Gott kommen könne und ihm um Jesu Christi willen vergeben werde. In Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise habe das Gefühl ökonomischer Sicherheit rapide abgenommen, so Hein. Gerade der November erinnere die Menschen an die Vergänglichkeit des Lebens.

Der Buß- und Bettag ist für evangelische Christen ein Tag der Besinnung. Christen fragen in Gottesdiensten danach, wie sie ihr Leben entsprechend dem Evangelium zu gestalten haben. Versagen und Schuld sowie Versäumnisse und Fehlentscheidungen werden vor Gott zur Sprache gebracht. Durch diesen Akt der Befreiung soll zugleich Trost und Hoffnung vermittelt werden. Als Zeichen der Versöhnung mit Gott wird in vielen Gemeinden Abendmahl gefeiert.

Der Feiertag wurde vor mehr als zehn Jahren zum politischen Zankapfel: Der protestantische Buß- und Bettag, erstmals 1532 im mittelalterlichen Straßburg nachgewiesen, wurde 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen als gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. Der Bußtag hat seinen festen Platz im kirchlichen Festkalender jedoch nicht verloren. Viele Gemeinden laden meist am frühen Abend zu Gottesdiensten ein, um so auch Berufstätigen die Teilnahme zu ermöglichen.

18. November 2009