Enttäuschung über Scheitern in Kopenhagen

Obama und Merkel verteidigen Ergebnis des Klimagipfels - Umweltschützer: Ohrfeige für die Ärmsten  

Kopenhagen/Berlin (epd). Das Scheitern des Weltklimagipfels von Kopenhagen hat in Deutschland überwiegend große Enttäuschung ausgelöst. Die UN-Konferenz war nach zweiwöchigen Marathonverhandlungen am Samstag ohne konkrete Ergebnisse zu Ende gegangen. Es gab lediglich einen Minimalkonsens unter 25 der 193 Teilnehmerstaaten, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Ziele für die Reduzierung der Treibhausgase fehlen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte dennoch davor, den Ausgang des Gipfels schlecht zu reden.

"Kopenhagen ist ein erster Schritt hin zu einer neuen Weltklimaordnung, nicht mehr, aber auch nicht weniger", sagte Merkel  der "Bild am Sonntag". "Auf Kopenhagen muss jetzt aufgebaut werden." Das werde Deutschland tun. US-Präsident Barack Obama sprach im Weißen Haus von einem "wichtigen Durchbruch". Kopenhagen sei die Grundlage für das internationale Handeln der nächsten Jahre, sagte er am Samstag (Ortszeit) in Washington.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte sich zuvor erleichtert gezeigt, dass überhaupt ein Beschluss erreicht wurde. "Das ist erst der Anfang", sagte er. Oberstes Ziel müsse sein, den sogenannten Copenhagen Accord in ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zu überführen. Die nächste Klimakonferenz ist Ende 2010 in Mexiko-Stadt. Ursprünglich sollte bereits in Kopenhagen ein bindendes Folge-Abkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll beschlossen werden.

In Berlin forderte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Bundesregierung auf, an ihren ehrgeizigen CO2-Einsparungszielen auch nach dem Scheitern von Kopenhagen festzuhalten. Auch die EU müsse bei ihrem Versprechen bleiben, den Kohlendioxidausstoß um 30 Prozent zu senken. Nur so könne sie Vertrauen zurückgewinnen und schnell einen neuen Anlauf für ein verbindliches Abkommen unternehmen.

SPD und Grüne gaben der Bundesregierung eine Mitschuld am Misslingen der Konferenz. Deutschland habe bei den Verhandlungen eine unrühmliche Rolle gespielt, sagte Gabriel der "Bild am Sonntag". Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, sprach von einem "Desaster". Das Erreichen des Zwei-Grad-Ziels bei der Verringerung des Temperaturanstiegs sei in weite Ferne gerückt.

Kritik kam auch von Umweltschützern und Kirchen. Der Präsident des Naturschutzbunds Deutschland, Olaf Tschimpke, sprach von einem Komplettversagen der großen Wirtschaftsmächte USA, China, aber auch Europas und Deutschlands: "Die besonders bedrohten Entwicklungsländer haben zu Recht eine Einigung auf Kosten ihrer Überlebenschancen abgelehnt." Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht Bemühungen um einen wirksamen Klimaschutz um Jahre zurückgeworfen. Das Kopenhagen-Ergebnis sei "eine Ohrfeige für das Weltklima und die ärmsten Staaten der Erde, die unter den Folgen des Klimawandels am meisten leiden".

Spitzenvertreter der beiden großen Kirchen reagierten ebenfalls enttäuscht. Kopenhagen sei weit hinter dem Ziel zurückgeblieben, ein Kyoto-Nachfolgeabkommen zu verabschieden, erklärte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Es sei die Frage, "wie zielgerichtet können künftige Großkonferenzen noch arbeiten?" Die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Landesbischöfin Margot Käßmann, rief dazu auf, im Engagement für den Klimaschutz nicht nachzulassen. Die Hilfswerke Misereor und "Brot für die Welt" sprachen von einer Katastrophe für die Entwicklungsländer. Hunger und Armut in Folge des Klimawandels würden in Kauf genommen.

Die 193 Teilnehmerstaaten des Gipfels hatten lediglich dafür votiert, den von 25 Ländern ausgehandelten Kompromiss "zur Kenntnis zu nehmen". UN-Konferenzen fassen Beschlüsse im Konsens. Mit dem Verfahren, ein Schlussdokument nur zur Kenntnis zu nehmen, wollte die Konferenzleitung ein völliges Scheitern des Gipfels abwenden. So könne die Erklärung in den UN-Prozess aufgenommen werden, hieß es vom UN-Klimasekretariat.

In einer dramatischen Nachtsitzung war das Kompromisspapier auf den Widerstand von Entwicklungs- und Öl-Ländern gestoßen. Vor allem Länder wie Tuvalu, Saudi-Arabien, Venezuela und Sudan hatten ihre Ablehnung des Kompromisses wortstark ausgedrückt. Sie wollten vor allem weitere Zugeständnisse der Industrienationen, ihre Treibhausgase zu senken und die ärmsten Länder ausreichend zu unterstützen.

Ziele zur Minderung von Treibhausgasen bis 2050 sind nicht aufgeführt. Die Industriestaaten erklären, ihre Reduktionsziele bis 2020 bis Ende Januar dem UN-Klimasekretariat mitzuteilen. Als Klimahilfen an Entwicklungsländer sind insgesamt 30 Milliarden US-Dollar für die Jahre 2010 bis 2012 vorgesehen. Bis 2020 sollen diese Mittel auf jährlich 100 Milliarden Dollar steigen. Alle Länder sollen zudem ihre Klimaschutzmaßnahmen überprüfen lassen.

Internet: http://unfccc.int/resource/docs/2009/cop15/eng/l07.pdf